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Von Skelch dem Ersten Prolog Nach der Evakuierung der Moloch musste Professor Nachtigaller feststellen, dass er sich geirrt hatte, und zwar in einer Weise, die ihn unbewusst einen wichtigen Grundsatz der Nachtschule hatte brechen lassen. Er hatte nämlich einige Jahre zuvor eine Berghutze, einen Buntbären, einen Schweinsbarbaren und ein Hempelchen unterrichtet, in der Annahme, das jeweils einzige Exemplar (zumindest in diesem Universum) auf seiner Schule zu haben. Nun musste er feststellen, dass es die ganze Zeit noch mehr Exemplare dieser Daseinsformen gegeben hatte: gefangen auf der Moloch (Anmerkung: Nicht am Schädel jedes Schweinsbarbaren prallt jeder Gedanke ab und nicht jedes Hempelchen leidet unter hempelinischem Kretinismus). Da der Grundsatz, nur Daseinsformen aufzunehmen von denen es nachweislich nur noch ein einziges Exemplar in diesem Universum gibt, nun gebrochen war, konnte Nachtigaller ihn nicht mehr aufrechterhalten. Er musste die Regeln lockern, und als Folge die Nachtschule erweitern, um mehr Schüler aufnehmen zu können. Nun gab es auch nichts mehr, was die direkten Nachbarn Nachtigallers, die Stollentrolle, daran hindern konnte am Unterricht teilzunehmen. Sie gaben sich selbst Namen (von ihren Eltern, beziehungsweise ihren Müttern, denn kaum ein Stollentroll kennt seinen Vater, bekommen Stollentrolle keine Namen), meldeten sich in der Nachtschule an, und vollbrachten teilweise sogar erstaunlich Leistungen. Allerdings hätte es sicherlich keiner von ihnen gewagt, sich einem Regelwerk unterzuordnen und in der Gesellschaft anderer Daseinsformen zu leben, hätte es nicht ein paar Jahre zuvor einen Pionier gegeben. Einen Stollentroll, der die Berge verlassen, und sich in der Fremde einen Namen gemacht hatte. Und von diesem mutigen Troll will ich nun berichten: 1 Der Stollentroll rieb sich die Hände, wobei sie klangen, als habe er sie vorher in Marmelade getaucht. Er hatte es wiedereinmal geschafft. Er hatte einen dummen blauen Bären nicht nur ein gutes Stück vom nächsten Ausgang weggelockt, sondern sogar in die Nähe einer tödlichen Falle zweier hungriger Finsterbergdämonen geführt. Und wenn der Dummkopf hineintappte hatte der Troll nicht nur sein Leben besiegelt, sondern auch den beiden Dämonen eins ausgewischt, denn das fette Bärenfleisch vertrugen sie nicht, und der Wiederaufbau der Falle konnte sie ihre letzte Kraft kosten. „Der Lohn der guten Tat!“ Der Stollentroll kicherte über die Ausdrücke, die der Bär verwendet hatte. Und wie er ihn hereingelegt hatte. Der Trottel hatte ihm doch glatt abgenommen, dass er mit ihm die Berge verlassen und die Welt durchreisen wollte. Nach draußen, ins helle Licht, zu den vielen idiotischen Daseinsformen die überall herumtrampelten. Auf einmal hörte sich die Idee gar nicht mehr so dumm an. Viele idiotische Daseinsformen. Vielleicht waren sie dumm genug, sich von ihm beeinflussen zu lassen. Vielleicht konnte er sogar in die große Politik einsteigen, Kriege anzetteln, Millionen ins Unglück stürzen und hinterher einfach für immer spurlos verschwinden. Warum nicht? Und so ging Lord Nelloz, wie ich den Stollentroll ab jetzt der Einfachheit halber nennen werde, obwohl er sich den Namen erst später zulegte, in Richtung des nächstgelegenen Ausgangs. Ein Versuch konnte nicht schaden. 2 Das ist also der Große Wald, dachte Lord Nelloz, als er unter dem Blätterdach umherwanderte. Natürlich hatte er ihn schon öfter von höher gelegenen Tunneleingängen aus gesehen, aber er hatte ihn nie betreten. Es war still, was dem Troll jedoch nicht weiter auffiel, denn im Stollenlabyrinth war es immer still, und woher hätte er ahnen sollen, dass das im Wald nicht so sein sollte? Wie im Labyrinth konnte sich Lord Nelloz auch hier dank seines hervorragenden Gedächtnisses unmöglich verirren. Er wusste ganz genau, wie viele Schritte er bisher gegangen war, und wann und wo er in welche Richtung abgebogen war. Langsam wurde es immer dunkler. Umso besser, dachte er, im Halbdunkel sehe ich sowieso am besten. Nun erst fiel ihm auf, dass er Hunger hatte. Der Boden schien weich zu sein, vielleicht gab es essbare Tiere, die sich durch ihn hindurchgruben wie die Finsterbergmaden durch das Gebirge. Er grub, fand aber nur einen einzigen mickrigen Regenwurm. Und der schmeckte nicht einmal besonders gut. Ein Molch wäre jetzt gut gewesen, wie es sie in den Grotten manchmal gab. Oder eine Fledermaus. Oder auch einfach nur eine Portion Finsterbergalgen. Warum hatte er nicht vor der Abreise noch ein paar gegessen? Wenn er Glück gehabt hätte, hätte er eine Superkalorie erwischt und eine ganze Woche lang nichts mehr essen müssen. Aber wer rechnete auch damit, dass es in einem Gebiet mit so vielen Pflanzen nur so wenige Tiere gab? Nun, dann musste er eben mit einer vegetarischen Mahlzeit vorlieb nehmen. Was war das noch gleich was man von den großen Pflanzen essen konnte? Ach ja, Früchte, die roten, gelben und blauen Dinger, die an den Ästen hingen. Komischerweise waren weit und breit keine zu entdecken. Lord Nelloz dachte nach. Da war doch noch etwas gewesen was man essen konnte, oder? Ja genau, Wurzeln. Die Teile der Pflanzen, die unter der Erde wuchsen. Sofort begann er wieder zu graben, diesmal unter einem Baum. Und er wurde fündig. Nach einer nicht sehr schmackhaften Mahlzeit, stellte der Stollentroll fest, dass es langsam aber sicher zu dunkel wurde. Das schwache Mondlicht drang kaum durchs dichte Blätterdach, außerdem sammelten sich schwarze Wolken am Himmel. Irgendwann in den nächsten Tagen würde es wohl ein Finsterberggewitter geben. Lord Nelloz machte sich auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Am nächsten Morgen kroch er früh aus dem hohlen Baumstamm, den er sich als Bettstatt ausgesucht hatte. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, es herrschten die perfekten Sichtbedingungen für den Höhlenbewohner. Auf der Suche nach einem Opfer streifte er durch den Wald, und stieß bald auf etwas äußerst ungewöhnliches: Ein riesiges Netz, dass sich zwischen den Bäumen spannte. Es sah aus wie ein Spinnennetz, doch wie gigantisch musste die Spinne sein, von der es stammte? Kein Wunder, dass es hier kaum Tiere gab. So wie es aussah konnte er im Wald nicht lange bleiben, die Pflanzen waren nicht die richtige Nahrung für ihn. Er entfernte sich wieder vom Netz und dachte gerade darüber nach, in welche Richtung er am besten gehen konnte, als er das plätschern eines Baches hörte. Da wusste er, wie seine nächste Mahlzeit aussehen würde. Nach mehreren rohen Forellen suchte Lord Nelloz weiter nach Opfern. Vielleicht konnten ihm diese Spinnennetze sogar noch nützlich sein. Der Tag verging ohne weitere nennenswerte Zwischenfälle. Auch der folgende Tag war relativ ereignislos. Zwar entdeckte der Stollentroll einen merkwürdigen schmutzigen See auf einer Lichtung, doch er beachtete ihn nicht weiter. Am dritten Tag schließlich geschah das, was der Troll schon lange erwartet hatte: Spät abends brach das Finsterberggewitter los. Zwar konzentrierten sich die Blitze ausschließlich auf die eisenhaltigen Finsterberggipfel, doch die schweren Regentropfen prasselten auch auf den Großen Wald nieder. Und bald musste der Stollentroll feststellen, dass ihm der hohle Baumstamm nicht soviel Schutz bot, wie er gedacht hatte. Ein einziger Tropfen sprengte ein Loch hinein, ein zweiter spülte Lord Nelloz aus seinem Versteck. Noch bevor er richtig begriff was geschehen war, schleuderte ihn der Aufprall des nächsten Tropfens in ein Gebüsch. Dann endlich gelang es ihm aufzustehen. Erst jetzt wurde ihm klar, in welcher Gefahr er sich befand. In den Finsterbergen hatte er sich bei einem solchen Gewitter nur in eine Höhle begeben müssen, deren einzigen Ausgänge nach unten führten, dort konnte die Luft nirgends entweichen und demzufolge das Wasser nicht mehr steigen. Hier gab es nichts dergleichen. Lord Nelloz tat das einzige was er in diesem Moment tun konnte, er rannte durch den Wald und hoffte den Tropfen immer rechtzeitig ausweichen zu können. Zunächst gelang das auch, doch dann schlug ein Tropfen direkt vor ihm ein und warf ihn wiedereinmal auf den Boden. Plötzlich hörte er ein lautes Rauschen. Und es wurde lauter. Mit einem Schlag war dem Troll klar, was da rauschte: Das Gewitter hatte die Bäche anschwellen lassen und jetzt hatte einer von ihnen eine Art natürlichen Damm gebrochen. Er drehte sich zum immer lauter werdenden Rauschen um und sah einer gigantischen Flutwelle entgegen. Er schloss die Augen und hielt die Luft an. Sofort war er im Wasser. Er wurde mitgerissen und hin und her geschleudert, und jedes Mal, wenn er gegen einen Baum prallte fürchtete er die Luft könnte aus seiner Lunge gepresst werden. Er atmete ein, wann immer sein Kopf auftauchte, und versucht sich an etwas festzuhalten, was über Wasser lag, doch alles was er zu fassen bekam brach oder riss sofort ab und wurde mit ihm fortgerissen. Das war´s dann also, dachte er, ertrunken in einem Wald. Warum hatte er auch die Berge verlassen, seinen gemütlichen Stollen aufgegeben? Ach, wäre er doch niemals diesem Bären begegnet. Da plötzlich bekam er etwas zu fassen. Kein Blatt, keinen Ast. Eine Liane? Ja, vielleicht eine Liane. Er griff fest zu und zog den Kopf aus dem Wasser. Als erstes stellte er fest, das es nicht mehr regnete. Soweit so gut, dachte er. Dann sah er, woran er sich festhielt. Er sah es im Licht der aufgehenden Sonne, denn die Nacht war überraschender Weise schon vorbei. Es war ein Spinnennetz. Eines der riesigen Netze, die er überall im Wald gesehen hatte. Aber aus irgend einem Grund war es nicht klebrig. Das musste wohl am Wasser liegen. Gut zu wissen. Nachdem das Wasser zurückgegangen war, ließ sich Lord Nelloz auf den Boden fallen. Erschöpft rollte er sich auf dem Boden zusammen und schlief ein. Als er erwachte war schon wieder Abend. Von den Spuren des Gewitters war kaum noch etwas zu erkennen und auch das Spinnennetz sah wieder trocken und klebrig aus. Nun, gegen einen kleinen nächtlichen Spaziergang war nichts einzuwenden vor allem wo dem Stollentroll schon wieder der Magen knurrte. Während es langsam immer dunkler wurde schlich er durch den nächtlichen Wald, doch auch nach geraumer Zeit war nichts Essbares zu finden. Schließlich war es unter dem Blätterdach so dunkel, dass selbst er nichts mehr sehen konnte. Er würde noch ein paar Schritte weitergehen und dann aufgeben, nahm er sich vor, doch kaum hatte er diesen Gedanken zu Ende gedacht, da fiel er auch schon in ein Erdloch. Fluchend stand er auf. „Guten Tag!“, sagte eine tiefe Stimme. „Wer ist da?“, fragte Lord Nelloz, „Ich kann leider nichts sehen!“ „Natürlich nicht. Es kann ja nicht jeder 139 Augen haben!“ „Kannst du mich denn sehen?“ „Schemenhaft!“ „Nun, wie auch immer, ich bin Galler!“ „Angenehm!“ „Willst du dich nicht vorstellen?“ „Ich habe keinen Namen!“ Ich auch nicht, aber das musst du ja nicht wissen, dachte Lord Nelloz, der den Namen Galler gerade aus Nachtigaller entlehnt hatte. „Was führt dich in diesen Wald?“, fragte er freundlich. „Ich war schon immer hier, schon bevor es den Wald gab. Ich war natürlich nicht immer hier unten, das kommt nur von den dummen Viechern die hier alles unterbuddelt haben, bis ihre Gänge eingestürzt sind. Aber auf dem Gelände war ich schon immer. Und was ist mit dir?“ „Oh, ich bin nur der neue Oberförster!“ „Dann musst du jetzt die Spinne in Schach halten?“ „Vermutlich. Aber keine Sorge, ich gehe schon in kein Netz. Kähähä!“ „Dieses Tier ist nicht zum Lachen. Es hat alle erwischt die nicht geflohen sind, auch die Buddelviecher. Ich habe von hier unten aus gesehen wie sie ein Netz direkt neben meinem Loch gebaut hat. Und immer wenn eins dieser Kleintiere es gesehen hat ist es reingelaufen. Ich habe keine Ahnung wieso!“ „Direkt neben dem Loch ist ein Netz?“ „Ja, du hast ein Riesenglück gehabt, dass du hier runtergestürzt bist!“ „Dann sollte ich die Nacht wohl besser hier verbringen, was?“ „Oh nein, du musst hier weg sein ehe die Sonne aufgeht, wenn du das Netz siehst bist du verloren!“ „Nun, ich habe schon ein paar gesehen und wie du siehst lebe ich noch. Offenbar bin ich immun!“ „Da hast du großes Glück!“ „Ja, aber sag mal, hast du zufällig etwas zu essen da? Ich habe furchtbaren Hunger!“ „Hier wachsen Champignons, taste einfach mal!“ Der Stollentroll tastete. „Etwas weiter links!“, wies die Stimme an, „Ja dort. Ja, da sind sie!“ Lord Nelloz riss die Pilze aus dem Boden und verschlang sie gierig. „Gut!“, sagte er hinterher. „Wenn ich morgen gehen will muss ich jetzt schlafen!“, ergänzte der Troll, „Ich hoffe das stört dich nicht!“ „Nein nein, schlaf nur. Gute Nacht Galler!“ Am nächsten Tag erwachte Lord Nelloz zu seinem eigenen Erstaunen erst gegen Mittag. „Guten Morgen!“, begrüßte ihn die Stimme des Namenlosen. Er sah ihn an. Der Namenlose wirkte wie ein unregelmäßiger Kegel mit zahlreichen Augen und einem Spalt der ein Mund sein konnte umgeben von ein paar grünen Tentakeln. Der Stollentroll überlegte: Was konnte er diesem Wesen antun? Es konnte offensichtlich nicht laufen, eine Falle war also nutzlos. Körperliche Gewalt verabscheute er, und außerdem wirkten die Tentakel des Namenlosen sehr viel kräftiger als die dünnen Arme des Trolls. Plötzlich hatte er es. „Kann ich noch ein paar Pilze haben?“, fragte er. „Klar!“, antwortete der Namenlose. Lord Nelloz aß also, zunächst nur ein paar Pilze, dann mehr. „He, lass mir noch ´was übrig!“, bemerkte der Namenlose scherzhaft. „Klar!“, antwortete der Troll und aß noch ein paar Pilze, bis nur noch eine dichte Gruppe von besonders großen Champignons übrig blieb. „Das genügt, ich bin satt!“ „Das wird aber auch Zeit“, lachte der Namenlose. Mit einer schnellen Bewegung riss Lord Nelloz auch die restlichen Champignons an sich und hüpfte aus der Reichweite der Tentakel. „He, lass den Blödsinn!“, forderte der Namenlose ihn auf, „Gib´ mir die Pilze!“ „Nein!“, sagte der Stollentroll während er aus der Grube kletterte. „Komm schon, ich brauche sie, die wachsen nicht so schnell wieder nach!“ „Nein!“ „Jetzt lass das dumme Spiel, gib mir die Pilze!“ Lord Nelloz stand jetzt am Rand der Grube und sah auf den Namenlosen herab. „Ich bin ein Stollentroll!“, erklärte er, „Ich spiele nicht!“ „Es ist mir ernst, ich brauche die Pilze!“ „Mir auch, du bekommst sie nicht!“ „Können wir uns nicht irgendwie einigen? Du kannst mich nicht so hier zurücklassen!“ „Doch ich kann. Und ich werde. Wenn ich könnte würde ich sogar noch die Grube zuschütten damit dir niemand helfen kann, aber ich fürchte das liegt nicht im Bereich des Möglichen!“ „Komm zurück!“ „Nein!“ Und so spazierte der Stollentroll scheinbar gleichgültig, tatsächlich aber höchst vergnügt davon, und ließ den jammernden Sternenstauner zurück. Wenn die Daseinsformen hier alle so leicht hereinzulegen waren, dann hatte er das Paradies gefunden. Noch am selben Tag traf Lord Nelloz den dämlichen Bären wieder, der doch tatsächlich eines der Bodenseile eines Netzes umarmt hatte. Er spielte ihm eine kleine Komödie vor, wobei er erfuhr, dass von den Netzen Dämpfe ausgingen, die jedem der sie einatmet vorgaukelten, anstelle des Netzes befinde sich das Schönste, was er sich vorstellen könne (es hatte also nichts damit zu tun das Netz zu sehen), und ließ ihn schließlich Verwünschungen schreiend zurück. Dann geschah lange Zeit gar nichts und der Stollentroll fing an sich mehr zu langweilen als jemals in den Finsterbergen. Bis ein neuer Wanderer den Wald betrat. Lord Nelloz hatte ihn dank des Lagerfeuers das der Unbekannte entzündet hatte schnell gefunden und beobachtete ihn nun aus dem Gebüsch. Es schien ein Raubtier zu sein, ein aufrechtgehendes Raubtier mit Händen, dass Kleidung trug. Es ähnelte dem Hundling, den der Troll einmal in den Bergen in die Irre geführt hatte, war jedoch weitaus athletischer gebaut und hatte auf dem Kopf zwei kleine Hörner. Sein Fell war grau, seine Kleidung schwarz. Und es stand urplötzlich vor ihm und hob ihn vor sein Maul. „Du siehst nicht wie ein Walddämon aus!“, stellte es mit offenbar männlicher Stimme fest. Der Typ ist schnell, stellte der Stollentroll fest, und stark. Er sah auf das Schwert in der rechten Hand des Fremden, dessen Linke ihn selbst festhielt. Auch noch bewaffnet, ausgezeichnet. Lord Nelloz beschloss diesen nützlichen Mann vorerst zu verschonen. „Ganz recht, ich bin kein Dämon. Ich bin ein Waldgnom, völlig harmlos, könnte keiner Fliege ´was zuleide tun!“ Der Troll sprach absichtlich hektisch und nervös um einen den Eindruck eines Angsthasen zu erwecken, der seine Angst verbergen will. Der Fremde ließ ihn fallen. „So, ein Waldgnom. Und wie heißt du?“ „Ich habe keinen Namen, wozu auch? Wir Waldgnome sind sowieso alle gleich. Kähä!“ Er ließ das Lachen zaghaft und nervös klingen. „Nun, ich heiße Sartov von Quelltal und falls du es noch nicht gemerkt haben solltest, ich bin ein Wolpertinger!“ „Sehr erfreut!“ „Aber ich habe keine Zeit zum Quatschen, ich suche diese verdammte Riesenspinne!“ „Die Spinne? Die Spinne ist tot!“ Das war nicht gelogen. Vor ein paar Tagen hatte Lord Nelloz den Kadaver im Wald gefunden. „Tot? Dann ist mir jemand zuvor gekommen?“ „Sie sah eher aus als wäre sie verhungert!“ „Dann wird es wieder nichts mit meiner Heldenkarriere. Das Monster zu töten, das Prinz Kaltbluth und Prinzessin Silbermilch gefressen hat, hätte mich berühmt gemacht, aber nein, das dumme Viech musste ja verhungern!“ „Und was wirst du nun tun?“ „Ich suche ein anderes Monster, ist doch klar! In der Süßen Wüste soll noch ein Riesenskarabäus sein Unwesen treiben, der tut´s zur Not auch!“ „Tust du mir einen Gefallen?“ „Welchen?“ „Nimmst du mich mit?“ „Wie bitte? Was soll ich denn mit einem feigen Gnom?“ „Ich könnte dein Schwert tragen und deine Vorräte und so weiter!“ „Was will denn ein Waldgnom in der Wüste?“ „Nichts besonderes, ich will nur weg von hier, und alleine trau ich mich nicht!“ „Warum willst du den weg? Weg von diesem gesunden grünen Wald? Weg von den anderen Gnomen?“ „Es gibt keine anderen Gnome mehr. Ich bin der letzte!“ Und Lord Nelloz erzählte Sartov von Quelltal eine dramatische Geschichte darüber, wie er einen Freund und Verwandten nach dem anderen und auch sein geliebtes Haustier an die Waldspinnenhexe verloren hatte. Am Morgen nach der tränenreichen Nacht war Sartov bereit ihn mitzunehmen. Er konnte den kleinen Gnom nicht an diesem Ort des Schreckens allein lassen. Noch ahnte er nicht, dass umgekehrt dieser so etwas problemlos fertig brächte. 3 Die Wüste war heiß. Das war das erste, das Lord Nelloz lernen musste. Die Wüste war trocken. Das war das zweite. Die Wüste war kalt. Das war das dritte. Die beiden Wanderer schliefen in einem Stoffzelt, dass Sartov immer mit sich herumtrug, bzw. jetzt von Lord Nelloz tragen ließ, er selbst in einem Schlafsack, der vermeintliche Gnom unter einer kleinen Decke. „Warum wandern wir nicht bei Nacht?“ fragte der Stollentroll den Wolpertinger am nächsten Morgen, „Dann müssten wir uns nicht so verhüllen!“ Sartov hatte darauf bestanden, dass sie sich tagsüber immer in Tücher einhüllten um sich keinen Sonnenbrand oder Stich zu holen. Dem Troll hatte das gar nicht gefallen, aber er hatte die Notwendigkeit dieser Maßnahme schließlich einsehen müssen. „Nachts ist die Wüste sehr gefährlich. Es gibt hier Treibsandfelder, die man im Mondlicht nicht von gewöhnlichem Wüstenboden unterscheiden kann, heimtückische Sandpiraten, die bevorzugt in nachts auf Plünderungsfahrt gehen und mumifizierte Minokentauren, die hier in der Wüste hauptsächlich nachts jagen!“ „Minokentauren?“ „Ja. Frag mich nicht was das für Viecher sind, ich kenne auch nur die alte Legende!“ „Eine alte Legende?“ „Ja. Vor vielen tausend Jahren soll hier in der Wüste das Volk der Sutlinen gelebt haben. Manche meinen, sie sind Zwerge gewesen, andere sprechen von Wüstenyetis. Es gibt sogar einige, die behaupten sie waren Menschen. Nun in der Legende heißt es, sie hätten die ganze Wüste beherrscht und seien sehr reich gewesen. Um ihr Gebiet und ihre Schätze zu schützen, bzw. um noch mehr davon zu bekommen führten sie viele Kriege, in denen sie die Minokentauren einsetzten. Diese hatten sie selbst gezüchtet, aus Minotauren, Kentauren und diversen anderen Kreaturen. Sie liefen auf vier Pferdebeinen und hatten auch einen ähnlichen Körper, doch dort wo ein Pferd seinen Hals hatte, hatten sie einen Oberkörper, der unseren ähnelte, samt Armen und Händen. Der Kopf schließlich war der eines Minotaurus, ähnlich dem eines Stiers, doch mit viel besseren Augen und einem Maul voller Reißzähne!“ Lord Nelloz konnte mit den Worten Pferd und Stier wenig anfangen, doch er konnte sich den Minokentaur dennoch ganz gut vorstellen. „Nun, sie waren natürlich nicht besonders intelligent, gerade so, dass man ihnen beibringen konnte keine Sutlinen anzugreifen und nach getaner Arbeit, also wenn außer Sutlinen und anderen Minokentauren nichts mehr lebte, in ihren Stall zurückzukehren. Viele von ihnen starben auf dem Schlachtfeld, andere wurden vom Feind gefangen und umtrainiert, ihre Nachkommen leben immer noch irgendwo, aber die gefährlichsten unter ihnen überlebten lange, starben schließlich an Altersschwäche in ihrem Stall und wurden von den Sutlinen mumifiziert, also haltbar gemacht, und in einer Halle beigesetzt. Es heißt aber weiter, dass die Minokentauren gar nicht an Altersschwäche gestorben seien, sondern an einer Stoffwechselstörung, die sie ihrer gemischten Natur verdankten. Aber der Hammer kommt noch: Als die sutlinische Kultur schon lange untergegangen war, und die Halle längst unter dem Wüstenzucker verborgen, gab es irgendein elektrisches Phänomen, dass die Viecher wieder zum Leben erweckte. Nun, möglicherweise waren sie auch nie wirklich tot gewesen, sondern nur scheintot, jedenfalls standen sie wieder auf. Einige von ihnen verließen die Wüste nach Süden, doch die meisten blieben hier. Und hier sind sie immer noch. Natürlich ist das nur eine Legende. Ich habe keine Ahnung, wie diese Viecher wirklich entstanden sind, aber begegnen, möchte ich keinem!“ „Ich verstehe!“ Die beiden wanderten noch ein paar Tage, in den gar nichts geschah, und in denen Sartov Lord Nelloz auch noch die Geschichte von den Belagerungen der Lindwurmfeste und die von Prinz Kaltbluth und Prinzessin Silbermilch erzählte. Schließlich geschah doch noch etwas. „Hoch mit den Händen!“, befahl der Anführer der Sandpiraten, ein schlecht gekleideter Blutschink und fuchtelte mit seinem Säbel herum, „Und alles fallen lassen!“ Angesichts der vielen, teilweise auch mit Armbrüsten bewaffneten Piraten mussten Sartov und der falsche Gnom wohl oder übel gehorchen. Die Bande hatte ihnen im Hinterhalt aufgelauert, mit Zuckerwasser parfümiert um nicht gerochen zu werden. Die beiden Gefangenen wurden gefesselt und hinter eine besonders große Düne geführt. Dort lag das Schiff der Sandpiraten. Es war natürlich kein richtiges Schiff, eher eine Art riesiger hölzerner Wagen mit Segeln. Die beiden wurden in einem Verlies unter Deck, an die aus Ziegeln gemauerte Wand gekettet und zurückgelassen. Bei ihnen waren ein Zwiezwerg und eine Werfüchsin, wie Sartov erklärte, der inzwischen begriffen hatte, dass der Gnom kaum andere Daseinsformen kannte. „Willkommen im Kerker der Verdammten!“, sagte der Bauch des Zwiezwergs. „Ich bitte dich, du weißt doch, das ich den Spruch nicht mehr hören kann!“, jammerte der Kopf. „Ich habe ihn vorher erst einmal gesagt!“ „Und das war schon einmal zuviel!“ „Jetzt übertreib´ nicht gleich so!“ „Schluss!“, schrie die Werfüchsin, „Ihr werdet nicht wieder anfangen zu streiten, klar?“ Sie war als einzige an die gegenüberliegende Wand des Kerkers gekettet, und wenn man ihre Krallen und ihr Gebiss betrachtete, und außerdem das wütende Funkeln ihrer gelben Augen im rotbraunen Fell sah, wusste man warum. Sartov betrachtete sie. „Warum Kerker der Verdammten?“, fragte Lord Nelloz den Zwiezwergbauch. „Weil wir sterben werden. Diese Piraten sind keine gewöhnlichen Piraten, sie verkaufen ihre Gefangenen an die Zuckergnome!“ „Hör nicht auf ihn, der redet nur Unsinn!“, unterbrach der Kopf. „Die Zuckergnome opfern einmal im Jahr all ihre Gefangenen ihrer großen Göttin, und werfen sie dazu in den Treibsand. Und es gibt keine Möglichkeit zu entkommen!“ „So?“, bemerkte der Kopf, „Dann erzähl unserem Freund hier doch mal woher du das weißt!“ „Äh... nun ja, aus der letzten Sandflaschenpost eines Opfers!“ „Und wurden die Piraten dort genau beschrieben?“ „Nein, aber es könnte doch gut sein...“ „War die Rede von Treibsand?“ „Nun ja, nicht direkt.“ „Der Typ nimmt echt alles für bare Münze. Soll ich dir verraten warum wir in die Wüste gekommen sind? Weil der Idiot darauf bestanden hat so einer absurden Schatzkarte zu folgen!“ „Nun es schien lohnend!“ „Die ihm ein Würstchenverkäufer angedreht hatte!“ „Na und? Du hättest meiner Idee ja nicht folgen müssen. Immerhin hast du die Kontrolle über die Beine!“ „Ja, und du hast eine grässliche Stimme! Und mit der hättest du mich rund um die Uhr genervt, wenn wir nicht gegangen wären!“ „Du sagst doch, das tue ich sowieso immer!“ „Und das stimmt auch!“ „Ihr - Seid - Jetzt – Still!“, schrie die Werfüchsin und fletschte die Zähne. Lord Nelloz war beeindruckt vom zornigen Funkeln ihrer Augen, er hatte das Gefühl von der Wut persönlich angesehen zu werden. Er nahm sich vor absolut sicher zu gehen, wenn er dieses Geschöpf ins Verderben schickte. Auch Sartov sah in die Augen der Kreatur, doch weniger beeindruckt als vielmehr verträumt. Irgendwann brachte ein Stachelhaarzyklop etwas Wasser und Brot, und bald nach dem Essen schliefen die Gefangenen ein. In dieser Nacht kam die Befreiung. Zunächst wurden alle durch ein lautes Krachen geweckt, dann hörten sie die Piraten rufen: „Die Dunklen Männer!“ Lord Nelloz musste sofort an die Schwarzen Männer denken, die damals die Lindwurmfeste belagert hatten, aber die konnten es nicht sein, denn die waren ja tot. Und plötzlich brach die Mauer des Raumes. Und nicht nur das, irgendetwas schien das ganze Schiff zu zertrümmern. Nachdem sich der Staub gelegt hatte, sahen die Gefangenen vom zertrümmerten Wrack auf, konnten aber in der Dunkelheit nichts erkennen, außer zwei Sternen, die sich eigentümlicherweise bewegten und plötzlich verschwunden waren. „Was war das?“, fragte der Zwiezwergbauch. „Was immer es war, ich konnte es nicht riechen!“, antwortete Sartov, „Und das will schon etwas heißen!“ „Was machen wir nun?“, fragte ein Pirat, der die Zerstörung des Schiffes überlebt hatte, ein Hundling. „Ich rieche etwas!“, bemerkte Sartov, der nun ganz auf Geruch umgeschaltet zu haben schien, „Es riecht nach Insekten, und nach Pflanzen, irgendwie vermischt. Und der Geruch ist unglaublich stark, es müssen viele sein, und sie nähern sich von allen Seiten!“ „Heißt das wir sind umzingelt?“, fragte ein Blutschink. „Ja!“, antwortete Lord Nelloz, „Das heißt es!“ Und dann waren sie da. Ameisen. Grüne Ameisen mit Stacheln überall am Körper. Hunderte, vielleicht Tausende von ihnen. Und sie griffen an. Sartov reagierte sofort. Er schnappte sich ein herumliegendes leicht rostiges Schwert, und war plötzlich verschwunden. Gelegentlich sah man ihn wieder, wenn er einer Ameise den Schädel spaltete oder den Hinterleib abtrennte, aber meist war er einfach zu schnell um im Mondlicht gesehen zu werden. Auch alle übrigen, bis auf Lord Nelloz, griffen sich irgendetwas, dass man als Waffe verwenden konnte und wehrten damit die Insekten ab. Der Stollentroll hasste es, Gewalt anzuwenden, also wollte er es nicht tun, solange es andere für ihn tun konnten. Er beobachtete nur, wie die übrigen kämpften. Eine Ameise machten den Fehler der Werfüchsin auf den Fuß zu treten, während sie gegen sie kämpfte. Es war ihr letzter. Schließlich hatten die Ameisen genug. Sie bildeten einen Ring, bogen die Hinterleiber über den Kopf und spritzten Säure. Sicherlich hätte keiner der Piraten und der ehemaligen Gefangenen überlebt, hätte sich Sartov nicht schneller bewegt als die Säure und sie an seinem Schwert abprallen und auf die Ameisen zurückspritzen lassen. Ein paar Ameisenköpfe schmolzen, und außerdem wurde das Schwert wieder blank, doch der Kampf war damit noch lange nicht beendet. Der Wolpertinger schlug sich wacker, doch die Ameisenarmee schien unendlich groß zu sein, und auch dem schnellsten Wesen geht irgendwann die Puste aus. Gegen Morgen schleppten die Ameisen ihre erschöpfte Beute zusammen mit Leichen und Trümmerteilen durch die Wüste, bis zu etwas, das aussah wie ein gigantischer Kaktus, der von blauen knisternden Adern durchzogen war. Durch eine Öffnung trugen die Ameisen alles hinein, durch zahllose Gänge, vorbei an riesigen Hallen und Wasserspeichern, vorbei an Ameisen, die Dinge und Larven hin und her trugen. Erhellt wurde alles von elektrischen Funken, die entlang der blauen Adern flossen. Schließlich endete die Reise in einer kleinen Halle, in der schon diverse verschiedene Daseinsformen standen, saßen und lagen. Ein paar Ameisen schoben einen großen Stein vor den Eingang. „Willkommen im Kerker der Verdammten!“, sagte ein Yeti. „Das ist mein Spruch!“, beschwerte sich der Bauch des Zwiezwergs. Wie Lord Nelloz erfuhr war dieser Kerker für die Kaktusameisen der Speicher für lebende Nahrung. Wasser floss jede Menge die Wände hinab und jeden Tag brachten die Ameisen einen großen weißen Klumpen, der offenbar ein Pilz war. Durch ein paar Öffnungen unten in den Wänden floss das Wasser wieder ab. Lord Nelloz quetschte sich durch eine hindurch. „He, hier ist ja richtig Platz!“, fiel ihm auf. „Ja, aber das nützt nichts, die Öffnung ist zu klein!“, erklärte der Yeti, „Da passen nur du und der Zwerg durch!“ „Ich habe ein Schwert!“, rief Sartov, „Ich kann die Öffnung vergrößern!“ „Glaubst du daran hätten wir noch nicht gedacht?“, fragte ein gehörnter Saurier, „Es hat keinen Zweck, sobald man eine der Adern durchtrennt ist es zappenduster und Scharen von Ameisen eilen herbei um die Wunde der Pflanze zu heilen. Und selbst wenn wir durchkämen hätten wir keine Chance, ein Zwerg, der mal hier war hat es versucht, aber er kam bald zurück und erzählte, es sei unmöglich aus diesem Labyrinth herauszufinden!“ Ein Labyrinth?, dachte Lord Nelloz, Dann dürfte er ja keine Probleme damit haben. Im Gegenteil, er konnte hier Leute in die Irre führen und den Ameisen zum Fraß vorwerfen. Allerdings machte das keinen Sinn, wenn sie andernfalls sowieso von den Ameisen gefressen würden. Nein, der Troll musste entkommen. Aber es wimmelte da draußen sicher nur so von Ameisen. Er musste sie irgendwie ablenken. Während er nachdachte stützte er sich an die Wand, ohne zu bemerken, dass sich an der Stelle eine blaue Ader befand. Plötzlich war alles anders. Lord Nelloz stand nicht mehr auf dem Boden, sondern schwebte frei im dunklen Raum. „Was ist das?“, fragte der Troll. „Du stehst in telepathischem Kontakt mit mir!“, antwortete eine Stimme die weder männlich noch weiblich war. „Und wer bist du?“ „Ich bin der Kaktus. Die Heimat der Kaktusameisen. Und Ihre Königin!“ „Ihre Königin?“ „Ja. Die Eier wachsen an meinem Innenstamm wie Früchte, die Ameisen pflücken sie und ziehen die Larven zu denen sie werden auf, bis daraus selbst Ameisen geworden sind. Irgendwann, vielleicht noch heute, vielleicht erst in Jahrhunderten, wird eine neue Königin dabei sein. Sie wird sich von den Drohnen befruchten lassen und dann ausziehen um sich irgendwo in der Wüste einzugraben und zu einem riesigen Kaktus wie ich es bin heranzuwachsen. Ich bin die Königin der Kaktusameisen, das verabscheuungswürdigste Wesen von Zamonien!“ „Moment mal, die verabscheuungswürdigsten Wesen von Zamonien sind immer noch wir Stollentrolle!“ „So heißt es. Aber ich bin bösartiger als es ein Stollentroll je sein kann!“ „Das glaube ich nicht!“ „Ich habe Millionen durch meine Arbeiterinnen töten lassen. Sie warfen sie in meine Säure, wo sie sich quälend langsam und äußerst schmerzhaft in Flüssigkeit auflösten, die ich aufnehmen konnte. Und während sie sich auflösten konnte ich mir dank meiner telepathischen Fähigkeiten ihr ganzes Wissen aneignen!“ „Du hast also für Nahrung und Wissen getötet. Ich schicke die Leute ins Verderben ohne dabei etwas zu gewinnen!“ „Darum geht es nicht!“ „Doch, darum geht es!“ „Gut, dann machen wir ein Spiel daraus. Ich materialisiere deine und meine Bosheit, dann sehen wir ja, welche stärker ist!“ „Und was ist der Einsatz?“ „Wenn ich gewinne springst du freiwillig in die Säure. Solltest allerdings du gewinnen, dann übertrage ich dir alles wissen, dass du haben willst!“ „Wer garantiert mir, dass du Wort hältst?“ „Ich! Nun genaugenommen doch nicht, ich werde dir nämlich auf keinen Fall verraten, wie du hier lebend herauskommst!“ „Und dann ist alles andere Wissen sowieso wertlos für mich!“ „Ganz genau!“ „Gut, ich bin dabei!“ Eine Kaktusameise erschien im Raum. Lord Nelloz konnte sie ganz deutlich sehen, auch wenn es rundherum dunkel blieb. Zunächst war sie normalgroß, dann begann sie zu wachsen. „Das ist das Symbol für meine Bosheit!“, erklärte die Königin, gleich kommt das Symbol für deine!“ Neben der Ameise erschien ein Stollentroll, der ebenfalls wuchs. Beide wuchsen so lange, bis sie etwa gleich groß wurden. Dann gingen sie aufeinander los. Der Kampf dauerte nicht lange. Der Troll riss der Ameise den Kopf ab, und die Sache war erledigt. Beide Gestalten verschwanden. „Du hast gewonnen!“, sagte die Königin, „Was willst du wissen?“ „Nun zunächst einmal alles über zamonische Daseinsformen!“ Ein großer weißer Funke flog auf Lord Nelloz´ Kopf zu und verschwand dort. Sofort wusste der Troll bescheid über Wolpertinger, Wolfsartige, Dämonen, Vampire, Werwesen, Raubkatzen, Finsterbergmaden, Floral- Faunale Mischwesen, Bären, Marder, Dinosaurier, Echsenartige, Zwerge, Menschen, Gnome und Trolle, Kobolde, Pflanzen mit Bewusstsein, Untote, kiemenatmende Halbinsekten, Sternenstauner, Tratschwellen, Huftiere und Huftierartige, Zerebralwesen, Zyklopen und jede Menge andere Gruppen und Spezies von Daseinsformen. „Dann etwas über Zamonien selbst, Landschaften, Klima, Siedlungen, Pflanzenbewuchs, und so etwas!“ Ein weiterer Funke und der Troll kannte die ganz Zamonien, jeden Gipfel, jede Senke, jedes Dorf. „Geschichte!“ Erledigt. „Schriftsprache!“ Erledigt. „Mathematik!“ Auch erledigt. „Dann vielleicht noch ein wenig Chemie und Physik, nur das wichtigste!“ Erledigt. „Danke, ich glaube das war´s!“ „Nichts zu danken. Wie gesagt, du wirst damit nichts anfangen können!“ Schon stand Lord Nelloz wieder in der Speisekammer der Ameisen. Niemandem war etwas aufgefallen. Offenbar hatte die ganze Angelegenheit nur Sekunden gedauert. Er beobachtete wie Sartov die Werfüchsin wieder seltsam ansah, und diesmal begriff er: Ein männlicher Wolpertinger kann seine ideale Partnerin (falls vorhanden) auch auf weite Entfernung wittern, schaltet er vollständig auf Geruch, dann sieht er einen silbernen Faden, der von ihr ausgeht, vorausgesetzt sie ist auch ein Wolpertinger. Ist sie das nicht, und das kommt hin und wieder vor, Wolpertinger können sich zum Beispiel auch mit Werfüchsen paaren, woraus Hundlinge hervorgehen, so gibt es keinen Faden, nur eine Art, „silberne Aura“, die sie umgibt. Viele Wolpertinger wissen damit zunächst nichts anzufangen. Sartov ging es gerade so. Auch anderes verstand Lord Nelloz jetzt besser, die Geschichten, die Sartov ihm erzählt hatte, die Beschreibung der Minokentauren, die riesigen Spinnennetze, die tote Spinne, überhaupt den ganzen Großen Wald und die Süße Wüste, ja sogar die Finsterberge und diesen verfluchten Nachtigaller. Den Namenlosen im Wald, den Riesenskarabäus, die Piraten, den dummen Bären, das Dimensionsloch, und warum ihn niemand als Stollentroll erkannte: Weil es kaum Abbildungen von Stollentrollen gab und sie mancherorts sogar verboten waren. Und weil Stollentrolle kaum als Trolle zu erkennen sind. Sowie Hempelchen kaum etwas mit anderen Zyklopen wie Teufelszyklopen oder Bollogs gemeinsam haben (Nur die wichtigsten Merkmale: Einäugigkeit, See des Vergessens, Knochen in der Zunge), haben Stollentrolle kaum etwas mit anderen Trollen, bis zu vier Meter großen Raubtieren mit einem Gehirn von der Größe einer Walnuss, manche Wissenschaftler zählen auch die Rübenzähler dazu, gemeinsam. Nur die wesentlichen Merkmale: Augen für die Nachtsicht, Allesfresser, leben im Gebirge, stinken, und allgemeine Merkmale: Aufrechter Gang, Säugetiere, Arme mit Händen. Wer nie einen Stollentroll gesehen oder eine gute Beschreibung gehört hatte, aber einigermaßen über Trolle bescheid wusste konnte ihn nicht als einen erkennen. „Ich glaube es wird Zeit für eine Enthüllung meinerseits!“, sagte Lord Nelloz, „Ich bin kein Waldgnom. Ich bin ein Stollentroll!“ „Ein Stollentroll?“, fragte Sartov verblüfft. „Und das ist euer Glück. Ich bin in einem Labyrinth aufgewachsen. Ich kann mich nicht verirren. Ich finde einen sicheren Weg nach draußen!“ Und damit verschwand er durch eine Öffnung. „Den sehen wir nie wieder!“, prophezeite der Yeti. „Hast du nicht zugehört? Er will einen Ausgang für uns suchen!“, widersprach Sartov. „Das war ein Trick damit wir ihn nicht aufhalten!“, beharrte der Yeti. Der Felsen wurde ein kleines Stück zur Seite gerückt. Jemand, zweifellos eine Ameise, schob ein paar große weiße Klumpen durch den entstandenen Spalt, der kurz darauf auch schon wieder geschlossen wurde. „Essen!“, erklärte der Saurier und nahm einen großen Bissen. Auch die anderen stärkten sich. Noch während des Essens kehrte Lord Nelloz zurück. „Ich habe einen kurzen Weg gefunden!“, verkündete er und biss etwas von dem weißen Klumpen ab. Es war eindeutig ein Pilz und schmeckte widerlich. „Ich wusste es!“, rief Sartov triumphierend. Der Yeti machte ein blödes Gesicht. „Es ist ganz einfach!“, erklärte Lord Nelloz, „Ich gehe voran, Sartov folgt mir und vergrößert die Löcher und ihr folgt ihm, dann sind wir raus, bevor uns die Ameisen finden!“ „Aber wenn eine der Adern beschädigt wird geht das Licht aus und wir sehen nichts mehr!“, warf der Hundling ein. „Na und? Als Wolpertinger kann mir Sartov auch im Dunkeln leicht folgen und den Geräuschen eines schwertschwingenden Wolpertingers zu folgen sollte nicht weiter schwer sein, oder?“ Damit waren auch die letzten Zweifel beseitigt. Lord Nelloz kroch durch das Loch in der Wand und Sartov folgte ihm, während er das Loch vergrößerte. Sofort wurde es zappenduster, aber das stellte kein Problem dar. Im Eiltempo ging es durchs Labyrinth, bis Sartov etwas auffiel. „Ich rieche unsere Spuren!“, rief er, „Hier waren wir schon!“ „Stimmt!“, rief Lord Nelloz und sprang in eine Art natürlichen Abfluss, in dem er wie auf einer Wasserrutsche hinunterrutschte, „Wir sind wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt. Kähähä!“ Der Troll war verschwunden. Der einzige, der ihm durch die Röhre hätten folgen können war der Zwiezwerg, doch der fand die Öffnung in der Dunkelheit nicht. Und dann kamen die Ameisen. Lord Nelloz rutschte und platschte schließlich in einen Wasserspeicher. Er füllte sich eine leere Feldflasche, die offenbar ein früherer Gefangener in der Speisekammer liegengelassen hatte und die der Troll in weiser Voraussicht mitgenommen hatte mit Wasser und hängte sie sich um. Jetzt machte er sich auf den auswendig gelernten Weg in die Freiheit. Ein paar Tage später war der Wasservorrat schon beträchtlich geschrumpft. Während der Nacht -und die war die bevorzugte Wanderzeit des Trolls- war die Wüste zwar kälter, aber nicht feuchter. Und zu essen gab es auch nicht viel, der Pilz den er mitgenommen hatte war inzwischen restlos verzehrt. Hin und wieder fand er etwas Gimp (dank der Ameisenkönigin wusste er, dass er auf keinen Fall die Spitzen der Stacheln berühren durfte), was dazu führte, dass er entweder schneller oder gar nicht mehr vorankam. Eines Nachts sah er sie schließlich wieder: Sterne. Keine gewöhnlichen Sterne natürlich, die konnte er ja die ganze Nacht über sehen, nein, Sterne, die sich in Zweiergruppen bewegten. Sie schienen ihn nicht weiter zu beachten und bewegten sich in verschiedene Richtungen davon. Lord Nelloz sah, wie ein weiteres Sternenpaar aus dem Boden aufzusteigen schien und sich ab einer gewissen Höhe nach links davon machte. Ein zweites erschien auf gleiche Weise und wandte sich nach rechts. Ein drittes verschwand einfach. Neugierig ging der Stollentroll auf die Stelle zu aus der die Sternenpaare erschienen, und stürzte in ein Loch. Er fiel auf eine Rutsche und rutschte in die dunkle Tiefe. Schwer zu sagen wie lange die Rutschpartie dauerte, ihm kam es vor wie eine Ewigkeit, bis er auf einem kalten harten Fußboden landete. Irgendeine Lichtquelle hatte einen Kegel aus Licht genau auf ihn gerichtet, so dass jeder der möglicherweise im Raum war ihn sehen konnte, er aber nichts außer einem Teil seines eigenen Körpers und dem Fußboden auf dem er stand. Und plötzlich war eine Stimme zu hören. Eine weibliche Stimme, an der irgendetwas merkwürdig war. Vielleicht war es die Tatsache das sie jedes Wort gleich betonte, vielleicht die quälend langsame Sprechweise die sie offenbarte als sie fragte: „Wie. Kannst. Du. Mir. Dienen.“ Nun, jedenfalls war die Satzstellung die einer Frage. „Ich kann Sachen tragen!“, antwortete Lord Nelloz. Er wollte kein Risiko eingehen und sagte deshalb zunächst die Wahrheit. „Das. Hilft. Mir. Nicht.“ „Ich weiß eine Menge über zamonische Geographie!“ „Das. Hilft. Mir. Auch. Nicht.“ „Über verschiedene Daseinsformen?“ „Nein.“ „Zamonische Sprachen? Geschichte? Mathematik?“ „Das. Hilft. Mir. Alles. Nichts.“ „Was könntest du den brauchen?“ „Jemanden. Der. Weiß. Wie. Man. Dunkelheit. Erzeugt. Richtig. Dichte. Dunkelheit.“ „Darüber weiß ich nicht allzu viel!“, gestand Lord Nelloz und verfluchte sich, weil er nicht um mehr Wissen über Physik gebeten hatte. Um Dunkelheit zu bekommen musste man für gewöhnlich nur das Licht aussperren, aber um richtig dichte Dunkelheit zu bekommen musste man schon mehr anstellen. Natürlich gab es sie bereits, draußen, in den ansonsten leeren Teilen des Weltalls und eventuell auch im Mittelpunkt einiger Planeten. Sie künstlich herzustellen war wahrscheinlich unmöglich, aber dicht wie sie war musste man sie irgendwie transportieren können, vielleicht durch Wurmlöcher absaugen oder so. Allerdings hatte Lord Nelloz keine Ahnung, wie man das anstellen sollte. „Ich fürchte da kann ich nicht weiterhelfen!“ gestand er. „Dann. Musst. Du. Sch...“ „Ich muss was?“ Plötzlich verschwand der Lichtkegel, aber es war nicht völlig dunkel wie zuvor. Durch einige Öffnungen in der Decke schimmerte das rote Licht der aufgehenden Sonne. Bald konnte der Stollentroll alles erkennen. Er befand sich in einer riesigen aus Sandstein und Granit gebauten Halle deren Wände bemalt waren mit schwarzen Gestalten mit kleinen gelben Augen, Minokentauren und Eydeeten. Zudem waren dunkle Tunnel und seltsame geradezu absurde Wesen zu abgebildet, Wesen, die aus beliebig zusammengepuzzelten Körperteilen zu bestehen schienen, Gewirre aus Därmen, Tentakeln, Zähnen und Augen. Eigentlich sahen sie nicht wie Wesen aus, sondern wie das widerliche Menü irgendeines Feinschmeckers, dessen einzelne Teile jedoch aus irgendeinem Grund zu einem einzigen Objekt zusammengefügt waren. Irgendwie gefielen sie ihm. Am Ende der riesigen Halle war so etwas wie ein großes gläsernes Auge in die Wand eingelassen. Darunter, in einem Einschnitt in der Wand, hing sie. Stahlkabel hielten den Körper der jungen Fhernhachin in der Luft, Drähte verbanden die Metallplatten an ihrem Kopf mit der Wand. Schläuche gefüllt mit gelber Flüssigkeit endeten in Nadeln, die in ihren Adern steckten. Sie schien gerade zu erwachen, denn ihre Augen öffneten sich langsam und einige Muskeln spannten sich an. Ihre Augen! Ihre großen, gelb schimmernden Augen strahlten eine geradezu kindliche Unschuld und Naivität aus, obwohl sie längst ausgewachsen war. „Hilf mir...“, bat sie mit schwacher Stimme. Lord Nelloz war wie verzaubert. Diese Stimme, es war die selbe Stimme mit der er in der Dunkelheit gesprochen hatte, doch jetzt klang sie natürlich, freundlich und hilflos. Ohne zu zögern zog er behutsam die Nadeln aus ihrem Körper und löste die Drähte von ihrem Kopf. Dann griff er nach den Enden der Stahlseile, die mit Schlaufen an Haken an der Wand befestigt waren und löste sie vorsichtig. Schließlich hielt er die Fhernhachin und legte sie vorsichtig auf den Boden. „Danke.“, flüsterte sie und schloss ihre Augen wieder. Lord Nelloz schüttelte sich. Was tat er da eigentlich? Er war ein Stollentroll! Er sollte niemandem helfen. Was ging da vor? Was für ein Zauber ging von diesem Wesen aus? Bald darauf erwachte die Fhernhachin wieder und lächelte den Troll an. Er lächelte zurück. „Ich bin Kata!“, stellte sie sich vor, „Kata van Hecken. Und wie heißt du?“ „Ich bin ein Stollentroll!“, antwortete er, „Ich habe keinen Namen!“ Wieso erzählte er Kata das? „Warum nicht?“ „Das ist bei uns nun einmal so. Eine Stollentrollmutter lässt ihr Kind alleine sobald es feste Nahrung zu sich nehmen kann. Es gibt kaum Kontakte zwischen uns, also brauchen wir auch keine Namen!“ „Aber hier hast du eine Menge Kontakte zu anderen Daseinsformen. Du brauchst einen Namen!“ „Ich habe aber keinen!“ „Dann denk dir einen aus!“ „Ausdenken?“ „Ja. Es muss ja nichts schwieriges sein. Ein Wortspiel vielleicht. Ein Anagramm!“ Ein Anagramm? Nun, die einfachste Form eines Anagramms war die Umkehrung der Reihenfolge der Buchstaben. Stollentroll hieße zum Beispiel Llortnellots. Zwei „L“ am Anfang waren Blödsinn, Lortnellots reichte völlig. Hmm... Lort? Lord! Lord Nellots? Lord Nelloz. Ja, das war es. Das klang gut! „Lord Nelloz!“, sagte Lord Nelloz. „Hä?“, fragte Kata. „Lord Nelloz, das ist mein Name!“ „Klingt gut. Genügt es wenn ich Nelloz sage?“ „Wenn ich Kata sagen darf!“ „Klar!“ „Gut. Sag mal Kata, was geht hier eigentlich vor? Warum musste ich dir da raushelfen?“ „So ein paar Zombies haben mich da festgemacht!“ „Zombies?“ „Ja, die Maschine kontrolliert sie!“ „Die Maschine?“ „Sie ist in die Wand eingebaut. Sie brauchte mich um durch meinen Mund zu sprechen, mit meinen Ohren zu hören und mit meinen Augen zu sehen. Sie funktioniert zum Glück nur bei Dunkelheit!“ „Jetzt verstehe ich warum sie etwas über verdichtete Dunkelheit wissen wollte. Ausreichend verdichtete Dunkelheit wird vom Licht nicht verdrängt, damit könnte die Maschine auch tagsüber funktionieren!“ „Das wäre schrecklich. Die Maschine ist furchtbar böse. Jede Nacht erschafft sie eine Armee von Dunklen Männern, Riesen aus verdichtetem schwarzem Dampf und schickt sie aus um zu zerstören und zu töten, damit niemals größere Gruppen von vernunftbegabten Daseinsformen hierher kommen. Sie sind so schwarz, das man in der Dunkelheit nur ihre kleinen leuchtenden Augen sieht, die aussehen wie Sterne!“ „Ich bin ihnen begegnet. Aber woher weißt du das alles?“ „Oh, ich erfahre einiges über die Maschine wenn sie nachts meinen Körper übernimmt!“ „Bekommst du denn auch mit, was nachts geschieht?“ „Nein, wenn sie meinen Körper übernommen hat ist es so als würde ich schlafen. Dann merke ich nichts. Das einzig Schlimme ist das Wachen tagsüber, hängend an Stahlseilen, und das Wissen, dass die Maschine meinen Körper zu so grausamen Zwecken verwendet. Sie braucht auch Teile meines Gehirns um den Dunklen Männern telepathisch zu befehlen!“ Viele zamonische Daseinsformen hatten im Gehirn besondere Nervenzellen die sie zur Telepathie befähigten, doch die meisten nutzten sie nur passiv. Das galt eigentlich auch für Fhernhachen, aber das konnte die Maschine sicher beeinflussen. „Wozu dient eigentlich diese riesige Halle?“, fragte Lord Nelloz, obwohl er es schon ahnte. „Soviel ich weiß war das mal eine Grabkammer. Bevor die Leute die das alles gebaut haben die Dunklen Männer erschaffen konnten, haben sie für den Krieg merkwürdige Tiere gezüchtet. Wenn die auf natürliche Weise gestorben sind haben sie sie mumifiziert und hier hingelegt!“ „Und irgendwann standen die Viecher alle wieder auf und liefen davon!“ „Genau, woher weißt du das?“ „Mir hat da jemand so eine Geschichte erzählt in der das passiert ist, aber er war der Meinung, das sei alles erfunden. Nun, hier haben wir wohl den Gegenbeweis. Sag´ mal, weißt du zufällig wie die Tiere hier rausgekommen sind? Ich habe nämlich keine Lust den Rest meines Lebens hier zu verbringen!“ „Tut mir leid, keine Ahnung. Aber dort in der Wand ist eine versteckte Tür, da sind damals die Zombies hergekommen als ich hier heruntergefallen bin!“ Kata ging zur Wand und sah sie sich genau an. „Ja, hier ist der Türspalt!“, rief sie, „Hilf´ mir mal!“ Gemeinsam schoben die beiden die steinerne Tür auf. Dahinter lag ein langer Tunnel mit drei Öffnungen zu kleinen Räumen an beiden Seiten. Im ersten Raum links lagen verschiedene Daseinsformen, Zwerge, Wolpertinger, Dünenhexen und viele andere. Alle waren tot, aber kaum verwest. Offenbar hatten die Sutlinen irgendwann eine Methode entwickelt um Leichen zu konservieren ohne sie in Binden einzuwickeln. Die meisten von ihnen trugen die gleichen Platten am Kopf wie Kata und hatten wahrscheinlich auch einmal als Teile der Maschine gedient. Andere trugen andere Platten und sahen auch aus, als seien sie zu ihrem Todeszeitpunkt jünger gewesen, die hatten vermutlich die Sutlinen selbst getötet und zu untoten Sklaven gemacht. Der erste Raum rechts erinnerte an einen Operationssaal und verfügte auch über größere Mengen an Chirurgenbesteck, Implantaten wie den genannten Platten und Flaschen mit seltsamen Flüssigkeiten. Der zweite Raum links war offenbar ein Lager für alle möglichen mechanischen und elektronischen Teile. Im zweiten Raum rechts stand ein großer Kasten mit einem Hebel, einem Einfülltrichter und einem Rohr, das in die Wand führte. Lord Nelloz vermutete, dass hier die Nährflüssigkeit hergestellt wurde, die Kata durch die Schläuche zugeführt bekommen hatte. Der dritte Raum links war gefüllt mit kostbaren Schätzen: Gold und Silberbarren stapelten sich bis zur Decke, Diamanten groß wie Riesenquallen lagen auf dem Boden, dazu Perlen, Rubine, Bernsteine, Smaragde, Aquamarine und Amethyste. Es gab Vulkanglas und Meteoreisen, Zamonat und Elektron, Baumschweinstoßzahn und Schlingschneckenhaus. Hier lagerten Werte, die den ganzen Inhalt der Zentralbank von Atlantis übertrafen. Weitaus wertvoller erschien Kata und Lord Nelloz jedoch der Inhalt des letzten Raumes, des dritten Raumes rechts: Obstbäume. Natürlich enthielt das Gewächshaus noch weitere Pflanzen, doch in der momentanen Dunkelheit, die Beleuchtung funktionierte nur nachts wenn die Maschine genug Energie bekam, sahen die beiden die Obstbäume zuerst. Sie interessierten sie auch am meisten. Hinzu kam der kristallklare künstliche Bach, der die Pflanzen offenbar mit Wasser versorgen sollte. Nach einer guten Mahlzeit beschlossen die beiden das Ende des Tunnels ein andermal zu suchen. Auf dem Boden sitzend unterhielten sie sich. „Was führt dich eigentlich in die Wüste?“, fragte Kata. „Ein Wolpertinger namens Sartov, der sich in den Kopf gesetzt hat ein Monster zu töten um sich als Held feiern zu lassen. Ich traf ihn im Großen Wald, und da ich mich in Zamonien umsehen wollte bin ich mit ihm gekommen. Ich habe nicht geahnt, wie brutal die Wüste sein würde!“ „Was ist aus ihm geworden?“ „Ich weiß es nicht genau. Er wurde von merkwürdigen Riesenameisen entführt, vermutlich werden sie ihn fressen!“ „Wie grässlich!“ „Tja!“ „Und dann bist du ganz alleine weitergezogen?“ „Ach, Einsamkeit macht mir nichts aus!“ „Du hast keine guten Erfahrungen mit Gesellschaft gemacht, oder?“ „Wie man´s nimmt. Ich hatte kaum welche. Sobald die Leute erfahren, dass ich ein Stollentroll bin ist alles aus. Sartov musste ich erzählen ich sei ein Waldgnom, damit er mich mitnimmt!“ „Was haben die Leute denn gegen Stollentrolle?“ „Das weißt du nicht?“ „Nein. Liegt es am fettigen Fell? Oder an der unregelmäßigen Haut?“ „Nein, es liegt daran, dass Stollentrolle allgemein als gemein und hinterhältig gelten!“ „Warum denn das?“ „Weil es stimmt. Stollentrolle, zumindest die aus den Finsterbergen, die aus dem Dämonengebirge nicht so sehr, sind einfach von Natur aus böse. Sie lieben es, Verirrte im Stollenlabyrinth noch tiefer in den Schlamassel zu führen. ‚Traue niemals einem Stollentroll’ heißt es, und das nicht zu Unrecht!“ „Aber du bist anders!“ „Wie kommst du darauf? Ich bin genauso böse wie die anderen. Ich habe die Berge nur verlassen um Opfer zu suchen. Ich habe einem Sternenstauner sein letztes Essen gestohlen und einen Haufen Leute den Ameisen überlassen, selbst den Zwiezwerg, den ich hätte retten können. Und das ist nur ein kleiner Teil meiner Untaten. Du würdest mich hassen, wenn du alles wüsstest!“ „Ich könnte dich niemals hassen. Außerdem bereust du deine Taten doch!“ „Bereuen? Nein, absolut nicht. Irgendwie bin ich sogar stolz darauf!“ „Aber mir hast du geholfen!“ „Ja. Ich weiß nicht warum. Als ich dich dort hängen sah musste ich dir helfen. Ich habe keine Ahnung warum ich das musste!“ „Aber ich!“, erwiderte Kata und kuschelte sich an Lord Nelloz ohne sich auch nur im Mindesten an dem klebrigen Fell zu stören, „Aber ich!“ Über die nächsten Stunden schreibe ich hier nicht. Schließlich soll das eine jugendfreie Geschichte werden. Nach Sonnenuntergang ging erst die Beleuchtung im Gewächshaus an. Dann kamen die Zombies. Kata und Lord Nelloz schreckten aus dem Schlaf in den sie gefallen waren auf. Ein untoter Blutschink schnappte Kata und trug sie durch den Tunnel davon, zurück zur Maschine. Lord Nelloz wollte ihr helfen, doch er erkannte, dass er keine Chance hatte. Außerdem würden die Zombies Kata nicht viel antun, sie würden sie nur wieder an die Maschine anschließen. Aber was würden sie mit ihm anstellen wenn sie ihn erwischten? Würden sie ihn in einen Zombie verwandeln? Oder in die Maschine werfen, die die Nährlösung herstellte? Er musste sich verstecken! In der Schatzkammer! Sofort lief er los, doch unterwegs packte ihn ein Zuckerdämon und trug ihn in die Halle. Dort war es wieder dunkel, bis auf einen Lichtkegel in den der Zombie den Troll warf. „Weißt. Du. Jetzt. Wie. Du. Mir. Dienen. Kannst.“, fragte die Maschine mit Katas Stimme. Es war eine Qual ihr zuzuhören. „Nein!“, antwortete Lord Nelloz. „Dann. Wirst. Du. Warten. Vielleicht. Kann. Ich. Dich. Irgendwann. Gebrauchen.“ Die Zombies würden also vorerst nichts mit ihm anstellen. Noch einmal Glück gehabt. Plötzlich erschienen zwei Sterne unter der Decke und schwebten durch eine Öffnung davon. Zwei weitere folgten. Die Dunklen Männer traten zum Dienst an. Lord Nelloz legte sich hin und schlief. Als er am nächsten Morgen aufwachte befreite er als erstes Kata und ging mit ihr dann zum Frühstücken ins Gewächshaus. Unterwegs kamen sie am Lager der Zombies vorbei, dass diese über Nacht mit einem Gitter verschlossen hatten, das sich offenbar nur von innen entfernen ließ. Vermutlich hatte die Maschine befürchtet Kata und Lord Nelloz könnten auf die Idee kommen die Zombies zu zerstören. Nach dem Essen und noch etwas anderem auf das ich hier aus genannten Gründen nicht näher eingehe, erforschten die beiden den restlichen Tunnel. Er führte nicht, wie sie gehofft hatten, ins Freie, sondern in einen großen runden Raum. In der Mitte stand die Statue eines längst verstorbenen Eydeeten mit fünf bis sieben Gehirnen. Darum lag ein Haufen Krempel. Es war hauptsächlich Wanderausrüstung: Taschen, Wanderstäbe, Feldflaschen, Zelte, Rucksäcke, Sonnenhüte, ein paar Dolche, Seile und vermutlich eine Menge anderes Zeug, dass unter dem vorhergenannten verborgen war. Kein Zweifel, das war die Habe der armen Teufel, die der Maschine und ihren Schergen zum Opfer gefallen waren. Kata erkannte ihren Rucksack wieder. „So wie es aussieht sitzen wir hier fest!“, befand Lord Nelloz, „Und gegen die Zombies können wir auch nichts machen!“ „Hier sind Seile!“, widersprach Kata. „Und was sollen wir damit? Wir haben keine Haken und wenn wir welche finden wüsste ich nicht woran sie da oben hängen bleiben sollten. Und da ist auch nichts, dass man mit einem Lasso einfangen könnte. Seile nützen nichts, wir bräuchten schon eine Stehleiter!“ „Wir könnten eine Rampe aus Goldbarren bauen!“ „Bis die fertig ist ist es längst wieder Nacht und die Zombies bauen sie wieder ab!“ „Wir finden einen Weg!“ „Man wird sehen!“ Die nächsten Tage und Nächte waren ziemlich eintönig. Morgens befreite Lord Nelloz Kata, die beiden frühstückten und äh... taten noch etwas anderes. Den restlichen Tag gestalteten sie so angenehm wie eben möglich, bis sie gegen Abend wieder etwas bestimmtes taten. Dann kamen die Zombies und schlossen Kata an die Maschine an und Lord Nelloz ging schlafen. Der Troll genoss diese Zeit. Er mochte die Fhernhachin, nein er liebte sie. Er war sich sicher er würde für sie sein Leben aufs Spiel setzen, wenn es sein müsste. Denn Kata war das Glück. Eines Tages jedoch wurde die Eintönigkeit unterbrochen. In der Nacht war in der Halle, in der Lord Nelloz schlief um Kata nahe zu sein, ein Flattern zu hören. Dann erschien ein Lichtkegel in dem ein seltsames Wesen saß. Es ähnelte einem Grünen Kobold, war aber schwarzgrau hatte ein paar Hörner, einen Echsenschwanz und Fledermausflügel. Ein Wasserspeier, ganz klar. Eigentlich hießen diese Daseinsformen Gargyllen, aber man nannte sie oft scherzhaft Wasserspeier, seit irgend jemand auf die Idee gekommen war Abflüsse für Regenwasser nach ihrem Vorbild zu gestalten. „Was. Gibt. Es. Neues.“, fragte die Maschine. Der Wasserspeier räusperte sich. Schritte ertönten und der tote Arm eines Wolpertingers reichte dem geflügelten Gnom ein klimperndes Säckchen. „Die Gimpel sind sesshaft geworden!“, erklärte der, „Sie haben Anagrom Ataf gefangen und wohnen jetzt darin. Ganz in der Nähe. Außerdem haben sie jetzt eine Art Anführer, einen blauen Bären, den sie den Auserwählten nennen!“ Lord Nelloz schnappte nach Luft. Der blaue Bär! Es musste der selbe sein, denn die Buntbären galten allgemein als ausgestorben. Außerdem lag der Große Wald direkt an der Süßen Wüste und der Bär musste der Spinne entkommen sein, denn sonst wäre die ja nicht verhungert. Aber diesmal würde er nicht soviel Glück haben. „Sind. Sie. Zu. Nahe.“ „Eigentlich nicht!“, antwortete der Wasserspeier. „Dieser blaue Bär ist immer zu nahe!“, widersprach Lord Nelloz. „Warum.“ „Weil er sehr gewissenhaft ist. Er wird die Umgebung auf mögliche Gefahren prüfen!“ „Sryz. Führe. Meine. Dunklen. Männer. Zu. Der. Stadt. Sie. Werden. Sie. Zerstören. Und. Alle. Darin. Töten.“ „Jawohl!“ Der Wasserspeier flatterte nach draußen. Die Sternenpaare erschienen und folgten ihm. Erst zwei Tage später kehrte der Kundschafter zurück. „Die Gimpel und ihr Anführer waren verschwunden als wir kamen. Die Stadt wurde zerstört, aber aus irgendeinem Grund stand sie am nächsten Morgen wieder!“ Lord Nelloz fluchte. Der Wasserspeier flog davon. An diesem Tag entdeckte Lord Nelloz unter dem Haufen Krempel im runden Raum etwas, das ihn aufheiterte. Feuerwerksraketen, vermutlich für Signale gedacht. „Und was willst du damit machen?“, fragte Kata, „Sollen wir damit nach oben fliegen?“ „Aber nein. Nicht wir. Ich brauche einen Goldbarren und Schnur!“ Lord Nelloz bastelte und hatte schließlich etwas gebaut, das aussah wie ein paar Raketen und ein Goldbarren an einem Seil. Was es auch war. „Wenn wir das Ding im richtigen Winkel durch eine der Deckenöffnungen schießen kommt es auf der anderen Seite wieder rein. Dann können wir einfach das Seil etwas lockerer lassen und durch das Gewicht des Goldbarrens kommt das abgeschossene Ende zu uns nach unten. Wenn wir beide Enden haben knoten wir eine Schlinge und ziehen sie fest und schon haben wir ein Lasso um das Zwischenstück zwischen den Öffnungen!“ „Das ist genial. Lass uns gleich abhauen!“ „Nein, das geht nicht, dafür reicht die Zeit nicht. Vergiss nicht, dass wir auch Proviant einpacken müssen!“ „Stimmt. Na gut, dann verstecken wir das Ding bis morgen!“ Am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück fingen die beiden an zu packen. Sie füllten mehrere Feldflaschen mit Wasser und zwei Rucksäcke mit Essen und einem Zelt. Lord Nelloz steckte sich außerdem einen Dolch in den Gürtel. Dann befestigten sie das Seil. „Und wie kommen wir jetzt da hoch?“, fragte Kata. „Einer von uns klettert rauf und der andere bindet die Rucksäcke am unteren Ende fest. Dann zieht er sie hoch, bindet sie los und lässt das Seil für den anderen wieder runter!“ „Klettere du zuerst, ich kann das nicht so gut!“ „Na gut!“ Lord Nelloz kletterte hinauf und zog die Rucksäcke hinauf. Nachdem er sie losgeknotet hatte wollte er das Seil gerade wieder herunterlassen, als ihm etwas einfiel. Wenn niemand mehr dort unten war konnte die Maschine ihre Dunklen Männer nicht mehr ausschicken um zu töten und zu zerstören. Und wer weiß wie lange es dauern würde, bis wieder jemand dort hinunterkam? Das konnte er nicht zulassen. Aber konnte er Kata allein dort unten lassen? Hätte er doch bloß seinen Fluchtplan für sich behalten. Aber dafür war es nun zu spät; er musste sich entscheiden. Nein, eigentlich gab es nichts zu entscheiden. „Tut mir leid!“, sagte Lord Nelloz und wünschte sich aufrichtig, es wäre wahr, „Aber ich bin nun einmal ein Stollentroll!“ Ohne das Seil herunterzulassen setzte sich der Troll einen Rucksack auf und band den anderen auf den ersten. Aus der Öffnung war kein Laut zu hören und zum ersten mal wagte Lord Nelloz es nicht, sein Opfer anzusehen. So stapfte er davon. Die nächsten Tage und Nächte waren keineswegs quälend, wie einige Leser vielleicht erwarten würden, sondern einfach nur langweilig. Bis Lord Nelloz sich eines Nachts umzingelt sah von zwergenhaften Wesen, die aber ganz klar keine Zwerge waren. Sie blickten irgendwie dämlich und ihre Haut war ganz mit Zucker überkrustet. Lord Nelloz hatte sie schon tagsüber reglos im Sand sitzen sehen, aber für Statuen gehalten. „Du bist ein Gefangener der Zuckergnome!“, verkündete einer von ihnen, „Wir werden dich Sachara, der Göttin des Zuckers opfern!“ Auch das noch. Der Stollentroll schätzte seine Chancen ein. Diese Gnome waren nicht gerade die hellsten, aber sie waren weit in der Überzahl und mit unentstachelten Gimppilzen bewaffnet. Lord Nelloz ergab sich. Die Gnome führten ihn ohne viel Trara zu einem kleinen Loch im Boden und warfen ihn hinein. Einfach so. Nach einem kurzen Sturz traf der Troll auf Wasser. Offenbar war er in einer der unterirdischen Kavernen der Süßen Wüste gelandet. Nun, irgendwie würde er schon weiterkommen. 4 Und er kam weiter, wenn auch zunächst nur langsam. Tagelang lief er durch dunkle Tunnel immer tiefer in die Erde hinab. Der Weg war nicht allzu anstrengend, dass laufen durch Tunnel war Lord Nelloz gewohnt, doch was er nicht gewohnt war, war das Nahrungsangebot. Zwar wuchsen auch hier Algen und Schwämme an den Wänden, doch sie schmeckten völlig anders als in den Finsterbergen, viel bitterer und irgendwie verkohlt. Auch das Wasser war meist schmutzig, verdreckt von irgendwelchen Kohleflözen durch die es floss, nur hin und wieder gab es einen klaren Bach. Enge Stollen und riesige Höhlen wechselten sich ständig ab auf seinem Weg. Weit und breit schien es außer dem Troll keine höher entwickelte Daseinsform zu geben. Einmal kam er in eine Höhle in der seltsame baumartige Pilze wuchsen, deren „Früchte“ er vorsichtshalber nicht anrührte. Er stellte eine logische Überlegung an: Die Wesen hier unten brauchten Energie, genau wie die oben. Oben bekamen die Fleischfresser ihre Energie von den Pflanzenfressern oder anderen Fleischfressern die sie fraßen. Die Pflanzenfresser wiederum erhielten ihre Energie aus Pflanzen, und die aus dem Sonnenlicht, dass sie auffingen. Hier unten gab es kein Sonnenlicht. Woher kam die Energie? Nutzten die Pflanzen hier Dunkelheit? Nein, völlig unmöglich, kein Wesen kann das. Erdwärme? Nun, die Gegend war nicht sonderlich vulkanisch beheizt und bis zum flüssigen Außenkern des Planeten war es noch ein ganzes Stück. Nein, die Energie musste von der Sonne kommen. Und hier herunter kam sie durch arglose Daseinsformen von der Oberfläche, die mal in der Tiefe spazieren gehen wollten. Was für Wesen hier unten auch leben mochten, es waren mit Sicherheit Raubtiere oder Allesfresser. Lord Nelloz hoffte, ihnen nicht zu begegnen. In der zweiten Woche der Reise betrat Lord Nelloz einen Gang mit völlig grünen, durchsichtigen Wänden, durch die von irgendwoher Licht strahlte. Kein Zweifel, er befand sich in einem riesigen Edelstein in der Nähe einer Lichtquelle. Zu dumm, dass er kein Werkzeug mitgenommen hatte mit dem er ein paar Brocken lösen konnte. Steine dieser Größe hätten ihm an der Oberfläche ein Vermögen einbringen können und wie er aus seinem telepathischen Schnellkurs in Geschichte erfahren hatte konnte man mit genug Geld eine Menge anrichten. Eine Armee aufstellen und Dörfer plündern zum Beispiel. Oder berühmte Sehenswürdigkeiten kaufen und zerstören um von Tourismus lebenden Orten die Grundlage zu entziehen oder für Unruhe in der Bevölkerung zu sorgen. Natürlich würde er das alles nicht selbst machen sondern einen Strohmann beauftragen, einen Natifftoffen oder so. Aber Lord Nelloz hatte kein Werkzeug dabei, also waren all diese Überlegungen umsonst. Lord Nelloz betrat eine größere Höhle im Edelstein, in die von allen Seiten Ausläufer der Wände ragten. Auch hier gab es kein höher entwickeltes Wesen. Oder? Hatte sich da nicht gerade eine aus dem Boden ragende Steinzacke bewegt? Nein, völlig unmöglich. Der Troll musste sich getäuscht haben. Obwohl es ja durchaus durchsichtige Wesen gab. Und auch grüntransparente. Aber die hatten eine völlig andere Oberfläche, sie wirkten nicht so kristallin. Doch, dieses Ding bewegte sich. Ja, es bewegte sich. Mit unglaublicher Geschwindigkeit schoss einer der Arme der riesigen Gottesanbeterin auf den Stollentroll zu. Nur durch rasches auf den Boden werfen konnte er sich retten. Dieses Tier war offenbar langsamer als seine kleineren Verwandten, gut. Schnell richtete sich Lord Nelloz auf und lief. Das Rieseninsekt setzte ihm nach, doch es lief sehr viel langsamer als es zuschlug. Trotzdem würde Lord Nelloz ihr nicht lange davonlaufen können, seine Kondition reichte einfach nicht aus. Ein Stück vor ihm war ein Tunnel, durch den die Kreatur nicht passte, doch würde der Troll ihn auch rechtzeitig erreichen? Noch hatte er etwa 9 Meter Vorsprung. Bis zur Öffnung waren es gut 25 Meter. Dann nur noch 20, bei 7 Metern Vorsprung. Noch 15 und 5 Meter Vorsprung. Ein Sprint. 10 bis zur Öffnung, 6 Vorsprung. Erschöpfung. Fünf bis zur Öffnung, 3 Vorsprung. 3 bis zur Öffnung, 2 Vorsprung. 2 bis zur Öffnung, 1 Vorsprung. 1 bis zur Öffnung, kein Vorsprung mehr. Die riesige Fangschrecke schlug zu. Der Troll warf sich nach vorne und war im Tunnel. Er hatte sich verschätzt. Es waren nur 24 Meter gewesen. Lord Nelloz richtete sich auf und hatte sich noch nicht richtig von seiner Angst erholt, als schon der nächste Schock wartete: Der Tunnel war versperrt. Versperrt von einem Minokentauren. Schlimmer: Von einem mumifizierten Minokentauren. Noch schlimmer, von zwei mumifizierten Minokentauren. Kampf kam hier nicht in Frage. Flucht auch nicht. Nun, an sich war das für Lord Nelloz keine neue Situation, doch bisher waren seine Feinde in solchen Situationen vernunftbegabte Wesen gewesen, die ihm ein Chance gegeben hatten sich zu ergeben. Bei den Minokentauren konnte er darauf wohl kaum hoffen. Eigentlich logisch, dachte er, was hier hinunter geriet und überlebte musste genauso schlimm sein, wie das, was von Natur aus hier lebte. Der rechte Minokentaur hob´ die Vorderhufe als wollte er Lord Nelloz zertreten. Plötzlich wich er zurück. Auch der andere Minokentaur ging rückwärts. Die beiden verzogen sich durch den Tunnel. Lord Nelloz folgte ihnen und hoffte, dass dieses Phänomen wenigstens solange anhalten würde, bis sie zu einem Seitentunnel kämen. Nach einer Weile endete der Tunnel und Lord Nelloz stellte fest, dass er sich nicht mehr im riesenhaften Edelstein sondern in einer Nachbarhöhle befand. Es war eine gigantische Kaverne, unter deren Decke leuchtende Nebel schwebten und die gefüllt war mit mumifizierten Minokentauren. Viele von ihnen standen auf einem schwarzen Fleck auf dem Boden, die übrigen bewegten sich rückwärts darauf zu. Offenbar war das so etwas wie ein Schlafplatz für sie, den sie zu bestimmten Zeiten aufsuchen mussten wie Vollständige Werwölfe den Keller. Der Stollentroll beschloss den Fleck zu umgehen und irgendeinen der vielen Tunnel zu nehmen. Die nächsten Stunden beeilte er sich sehr um weit genug von den Untoten wegzukommen ehe ihre Ruhephase beendet war. Die nächste große Höhle war voll von riesigen Fledermäuse, die zum Glück schliefen, dann folgte eine Höhle mit furchtbar heißem Boden und heißen Wänden in der Wesen herumkrochen, die an Kanaldrachen erinnerten, nur dass sie völlig weiß waren. Kanaldrachen konnten es natürlich schon deshalb nicht sein, weil solche die Trockenheit nicht gut vertragen hätten. Die folgende Höhle war ein Regenwald. Natürlich wuchsen darin keine Pflanzen sondern nur Pilze, aber diese wucherten in den verschiedensten Formen und, wie Lord Nelloz im Licht von Leuchtpilzen erkennen konnte, Farben. Wolken aus Kondenswasser sammelten sich an der Decke und regneten hin und wieder ab. Ein Regenwald, ganz eindeutig. Die darin lebenden Tiere waren ebenso skurril wie die Pilze: Riesige gemächlich dahinstapfende Kalmare, rattengroße Tausendfüßler, die teilweise mit Stechrüsseln ausgerüstet als Parasiten auf den Kalmaren lebten und teilweise mit Greifzangen Jagd auf kleinere Tiere machten, kleine Pelztierchen mit Schnäbeln, schneeweiße und zum Glück langsame Riesenschlangen, mit Pilzen bewachsene Faultiere, große weiße Motten, rothaarige kleine Fledermäuse, hüpfende Fische, leuchtende kleine Skorpione, die Vielfalt schien unendlich. Lord Nelloz traf auf etwas, das einem Laubwolf ähnelte, aber anstelle von Blättern schwarze Schuppen besaß und glücklicherweise satt war, auf einen gigantischen rot leuchtenden Wurm, der das Unterholz und alles darin auf seinem Weg einfach aufsaugte und auf einen Trupp Pilze sammelnder Kaktusameisen, die Wurzeln der Königin mussten ganz in der Nähe sein. Intelligente Daseinsformen, die ihm als Opfer dienen konnten fand der Troll hier nicht. In der nächsten Höhle dagegen schon. In diese kam er durch einen schmalen dunklen Riss im Felsen. Sie war groß, von einem klaren Bach durchflossen und von einer Art kleinen Sonne hell beleuchtet. Diese Sonne strahlte ein eher weiches Licht aus, so dass man direkt hinein sehen konnte. Vermutlich enthielt es keine UV-Strahlung, weshalb die weißhäutigen Hellinge hier gefahrlos leben konnten. Die Minisonne schwebte über der Spitze einer großen schwarzen Pyramide um die die Hellinge ein Dorf aus Hütten errichtet hatten, die offenbar aus den Stämmen holziger Pilze gebaut waren. Da er nicht wusste wie die weißhäutigen, gehörnten Kreaturen auf seine Ankunft reagieren würden, schlich er erst einmal um die Ansiedlung herum, doch als er mehrere Yetis, einen Rikschadämon und drei Ameisenleute entdeckte, ging er einfach hinein. Tatsächlich schenkte ihm niemand besondere Aufmerksamkeit. An der Pyramide angekommen entdeckte er, dass sie eine Tür hatte, die von zwei Hellingen bewacht wurde. „Guten Tag!“, begrüßte er die Wachen, „Was bewacht ihr eigentlich?“ „Na diese Tür du Blödmann!“, antwortete einer von ihnen. „Und warum?“ „Damit sie kein Unbefugter öffnet!“ „Wäre das schlimm?“ „Du gehst mir langsam gewaltig auf die Nerven!“ „Erklär´ mir, was es mit dieser Tür auf sich hat, und ich verschwinde!“ „Das hättest du wohl gerne, du...“ „Ich erkläre es dir!“, unterbrach der zweite Wächter, „Vor langer Zeit lebten wir in dieser Höhle noch mehr oder weniger in Dunkelheit. Dann kam eines Tages jemand hierher, eine Kreatur wie sie noch nie jemand gesehen hatte. Sie nannte sich Amlo Settem und erschuf das Licht. Leider hielt es nur für kurze Zeit, doch er behauptete ein Licht schaffen zu können, das ewig hielt. Dazu mussten wir die Schwarze Pyramide errichten. Als sie fertig war ging Settem hinein und das neue Licht erschien. Einige von uns, die er zuvor ausgewählt hatte brachten ihm Nahrung, doch er selbst kam nie wieder heraus. Auch heute dürfen nur Ausgewählte die Pyramide betreten und nur um Settem seine Mahlzeiten zu bringen. Sollte ein Unbefugter eindringen, dann könnte Settem erzürnen und das Licht erlöschen lassen!“ „Lebt er denn noch?“ „Das wissen nur die Ausgewählten. Aber es ist auch nicht wichtig. Tot ist er genauso mächtig wie lebend!“ „Und das glaubt ihr wirklich?“ „Ja, sicher!“ „Und was unterscheidet die Ausgewählten von den anderen?“ „Settem vertraut ihnen!“ „Woher wissen sie das wenn sie das erste mal reinkommen?“ „Die Ausgewählten wählen vertrauenswürdige Bürger aus, die ihre Nachfolger werden!“ „Dann kann also praktisch jeder da reingehen und Settem erzählen, die Ausgewählten hätten ihn ausgewählt!“ „Äh... Ja, eigentlich schon!“ „Aber du kommst da nicht rein du alberner Gnom!“, schrie der andere Wächter. „Schon gut, schon gut!“ Lord Nelloz ging. Sein Plan stand fest. Er würde in die Pyramide eindringen und das Licht ausschalten. Aber wie sollte er hineinkommen? Er musste die Wächter loswerden. Was konnte sie ablenken? Ein Feuer vielleicht. Die Hütten brannten sicher wie Zunder. Der Troll machte sich auf die Suche nach Werkzeug um Feuer anzuzünden. Nach längerem Suchen stieß er auf einen Blutschink, der eine Zigarre rauchte. „Entschuldigung!“, meinte er. „Was ist?“, fragte der Blutschink unwirsch. „Nun, es ist nur, hätten Sie vielleicht die Güte mir eine ihrer Zigarren zu überlassen?“ Der Blutschink war erstaunt. Derart höflich war er noch nie angesprochen worden. Aber das war noch lange kein Grund seinen knappen Vorrat an Zigarren zu teilen. „Nein!“, sagte er daher. „Und wenn ich ihnen etwas als Gegenleistung anbieten kann?“ „Was?“ Lord Nelloz kramte in seinem Rucksack und holte einen Pilz hervor, den er tags zuvor im Regenwald als Notproviant eingepackt hatte. „Was soll ich mit dem Pilz?“, fragte der Blutschink. „Rauchen!“ „Ist er besser als eine Zigarre?“ „Nicht unbedingt besser, einfach – anders!“ „Na gut, wir tauschen!“ Der Blutschink reichte dem Troll eine Zigarre und der ihm den Pilz. „Hast du mal Feuer?“, fragte der Stollentroll. „Klar!“, antwortete der Blutschink und zündete ihm die Zigarre mit einem dieser neumodischen Schwefelhölzer an. Lord Nelloz zog, um das Feuer in Gang zu halten. „Du musst die Spitze abbeißen!“, erinnerte ihn sein Tauschpartner. „Ach so, natürlich!“ Lord Nelloz versuchte es, doch seine Kiefer waren zu schwach und seine Zähne zu stumpf. „Wiedersehen!“, rief er und eilte davon. Hinter einer Hütte, wo ihn niemand sehen konnte nahm er die Zigarre aus dem Mund und legte sie an die Hüttenwand. Er blies in die Glut um das Feuer zu entfachen und hatte Erfolg. Jetzt nahm er einen herumliegenden Pilzast und entzündete ihn an dem Feuer. Mit dieser kurzlebigen Fackel machte er sich auf, um weitere Behausungen in Brand zu stecken. Bald hallten die Alarmschreie durchs ganze Dorf. Alles war auf den Beinen, auch die beiden Wächter. Lord Nelloz war mit sich zufrieden. Schon das Feuer schien den Hellingen schwer zu schaffen zu machen, das Abschalten der Sonne würde ihnen den Rest geben. Stolz trat der Stollentroll vor die Pyramide und versuchte die große schwarze Tür aufzuschieben. Als er erschöpft innehielt und sich umdrehte sah er hinter sich den Blutschink stehen, der die Tür mit Leichtigkeit öffnete. „Ich wollte auch schon immer mal wissen was da drin ist!“, erklärte er. Die beiden betraten den schwarzen Gang. Als sie feststellten, dass er durch seltsame Halbkugeln an der Decke beleuchtet war, schlug der Troll vor, die Tür wieder zu schließen, damit niemand das Eindringen bemerken würde. Der Blutschink tat es. Die beiden gingen langsam weiter. „Was führt dich eigentlich hierher?“, fragte Lord Nelloz seinen Begleiter während sie gingen. Der Blutschink antwortete nur ein Wort: „Nachtigaller!“ „Nachtigaller?“ „Nachtigaller. Er schickt mich um die „Sonne von Untenwelt“ von der ihm jemand erzählt hat, zu erforschen!“ „Aber warum kommt er nicht selbst? Und wenn er schon jemanden schicken muss, warum einen Blutschinken?“ „Wer weiß? Vielleicht, weil er jemanden brauchte, der bei Fabrak Kazzir keinen Verdacht erregt!“ „Wer ist Fabrak Kazzir?“, fragte der Troll, der inzwischen begriffen hatte, dass man seinem Begleiter jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen musste. „Ein Zwergdämon. Er und seine Bande kontrollieren den Handel zwischen Ornien und diesem Teil von Untenwelt, der als der harmlosere gilt. Im Süden, dem Reich der Gaunabs, soll eine schreckliche Seuche ausgebrochen sein, doch sie ließ sich auf die Hauptstadt und die nähere Umgebung isolieren. Jedenfalls kennen Kazzir und seine Leute den sichersten Weg bis zu diesem Dorf, und von hier aus kommt man leicht zu den anderen!“ „Ich verstehe!“ Jetzt erreichten die beiden Einbrecher einen großen runden Raum, in dessen Mitte, die wohl genau unter der Spitze der Pyramide lag, eine Statue stand. Der Boden war genauso beschaffen wie der Schlaffleck der Minokentauren. Die Statue glich aufs Haar der, die Lord Nelloz und Kata im hintersten Raum der sutlinischen Anlage unter der Wüste gefunden hatten. „Wer ist das?“, fragte der Blutschink. „Na wer wohl!“, meinte Lord Nelloz, „Amlo Settem. Er war ein Eydeet. Und ein Sutline!“ Mit einem Mal fiel Lord Nelloz etwas auf. In Alt-Midgard, dem Vorläufer des Midgardischen, dass stark durch ein paar eydeetische Siedler unbekannter Herkunft beeinflusst worden war, existierte ein Wort das Sett lautete. Es war der Name eines Vogels. Heute kannte man ihn als Nachtigall. „Ja ich und Nachtigaller sind verwandt!“, ertönte eine Stimme in Lord Nelloz Kopf, „Er ist mein Großneffe, um genau zu sein!“ „Und was treibt dich hierher?“, fragte Lord Nelloz in Gedanken. „Überschüssige Energie!“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Das war so. Vor langer, langer Zeit war ich der oberste der Sutlinen. Mit meinen acht Gehirnen war ich auch der intelligenteste, klüger als mein großer Bruder, der nur 6 hatte und den ich als Herrscher ablöste. Ich wollte das sutlinische Reich mächtiger machen, also erdachte ich zunächst die Minokentauren Sie waren recht erfolgreich, aber sie reichten mir noch nicht. Dann erfand ich die Dunklen Männer, doch auch die genügten meinen Ansprüchen nicht. Schließlich hatte ich die perfekte Waffe entwickelt: Die Schatten. Und das war der Anfang vom Ende!“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Die Schatten bestanden aus allem möglichen biologischen Abfall, zusammengehalten durch die Kraft meiner Gedanken. Sie konnten sich in jeden Raum zwängen und durch jede Öffnung quetschen. Sie konnten alles um sie herum sehen, hören und riechen und zudem Gedanken lesen. Und sie waren direkt mit dreien meiner Gehirne verbunden. Hegte ich für jemanden feindselige Gefühle oder hatte Angst vor ihm, dann verschlangen sie ihn. Leider hatte ich nicht damit gerechnet, dass ich meine Gefühle nicht völlig unter Kontrolle hatte. Immer mehr Leute wurden von den Schatten vertilgt, und je mehr es waren, desto mehr hassten mich die anderen, was, nachdem die Schatten mir ihre Gedanken übermittelt hatten, natürlich dazu führte, dass ich sie auch nicht besonders mochte. Es war ein Teufelskreis. Einige wenige konnten fliehen, die meisten fanden den Tod. Ich hasste mich selbst dafür, dass ich mir diese Einsamkeit beschert hatte, doch gerade darauf reagierten die Schatten nicht. Ich fand eine Möglichkeit die Kreaturen die ich erschaffen hatte aufzuhalten: Ich verbrauchte die Kraft, die sie brauchten anderweitig. Zunächst erweckte ich damit die mumifizierten Minokentauren zum Leben, dann wandelte ich sie um in Licht. Und weil ich mich nach Gesellschaft sehnte kam ich hierher. Hier kann ich zwar nicht mit vielen sprechen, da ich in der Pyramide bleiben muss, doch die Ausgewählten wissen immer interessantes zu berichten!“ Lord Nelloz fiel etwas ein. „Warum erzählst du mir das?“ „Ich erzähle euch beiden das, weil ich gerne erzähle. Ihr werdet es ohnehin niemand anderem mehr mitteilen können!“ „Warum nicht?“, fragte der Blutschink laut. „Weil die Schatten nicht alle verschwunden sind. Zwei sind noch da, gerade so viele wie ich ohne Schwierigkeiten kontrollieren kann!“ Der Blutschink starrte eine Weile ins Leere. „Da hast du nicht ganz unrecht Abdul!“, meinte Settem. Offenbar stand der Blutschink in telepathischem Kontakt mit Nachtigaller. Plötzlich ragten zwei Tentakel unter der Statue hervor. Der eine hielt den Blutschink fest. Der andere riss ihm den Kopf ab. „Das war notwendig!“, erklärte Settem, „Der Blutschink hätte Nachtigaller verraten wo ich bin. Er wird es sich natürlich auch selbst zusammenreimen können, aber so habe ich etwas mehr Zeit zu fliehen!“ „Fliehen? Vor Nachtigaller?“ „Ja. Er ist der einzige, den ich nicht besiegen kann. Seine Gedankenkräfte sind so stark wie meine!“ „Aber warum? Acht Gehirne müssten doch stärker sein als sieben!“ „Nicht in diesem Fall. Man könnte sagen, die Nacht ist mit ihm!“ Dunkelheit. Das war immer der springende Punkt. Vermutlich hatte Nachtigaller bei seiner Dunkelheitsforschung einen Weg gefunden seine Kräfte zu verstärken. „Ganz genau!“ „Aber was hat Nachtigaller gegen dich?“ „Ich habe versucht ihn zu töten!“ „Warum? Und wie?“ „Weil er ein Eydeet ist. Ich muss alle vernichten, die die wahre Geschichte der Sutlinen kennen. Nicht auszudenken was geschähe, wenn meine Taten hier unten bekannt würden. Ich habe ein ganzes Netzwerk von Spionen errichtet, die für mich Informationen sammeln und Meuchelmörder auf alle gefundenen Eydeeten ansetzen. Nachtigaller hat einen dieser Mörder überwältigt und seine Gedanken gelesen. Mein Spion war so unvorsichtig gewesen dem Mörder meinen Namen zu verraten. Dafür musste er sterben. Wie auch immer, plötzlich waren alle Eydeeten gewarnt!“ „Ich verstehe, aber wie sieht es mit neun Gehirnen gegen sieben aus?“ „Du willst mich im Kampf gegen Nachtigaller unterstützen, damit ich dich am Leben lasse. Und weil dir meine Idee, die Eydeeten zu vernichten gefällt!“ „So ist es!“ „Ich weiß. Aber daraus wird nichts. Ich kann dich nicht leben lassen, Lord Nelloz!“ Unter dem Sockel krochen zwei widerliche Kreaturen hervor. Sie sahen aus wie Hauptgang und Nachspeise eines zamonischen Feinschmeckermenüs, nur waren sie viel größer und jedes zu einem Objekt verbunden. Das eine stülpte sich über den Körper des toten Blutschinken und umhüllte ihn, das andere ergriff mit seinen Tentakeln den Stollentroll. „Wird es mir den Kopf abreißen?“, fragte er. „Mit dir habe ich es nicht so eilig, dass ich den Fußboden mit Blut verschmutze. Der Schatten wird dich absorbieren, auflösen und seiner eigenen Masse hinzufügen!“ „Wo steckst du überhaupt?“ „Im Sockel der Statue!“ Der erste Schatten nahm sich nun den Kopf der Leiche vor. „Du bist nicht unverwundbar. Jemand muss die Wege für dich testen!“ „Kein schlechter Einfall. Also gut, ich nehme dich mit!“ Der Schatten ließ den Troll los. Jetzt versank der Sockel der Statue im Boden, bis das Standbild auf Bodenhöhe stand. „Stelle dich neben die Statue!“, befahl Settem. Lord Nelloz gehorchte. Mit dem Stollentroll sank der Sockel tiefer, einen langen Schacht hinab. Plötzlich blieb er stehen. „Ich steige hier aus!“, erklärte der Eydeet. Kurz darauf setzte sich der Sockel wieder in Bewegung und sank weiter, bis Lord Nelloz und die Statue auf Höhe des Bodens eines Tunnels standen. Im Tunnel stand ein alter bartloser Eydeet gekleidet in ein Gewand aus Goldfäden. Über seinem Kopf brannte eine kleine Sonne. „Folge mir!“, befahl Settem. Seine richtige Stimme klang nicht annähernd so kräftig wie die telepathische. Dennoch gehorchte Lord Nelloz. Er musste vorerst mitspielen. Immerhin ein Ziel hatte er erreicht. Die Hellinge saßen im Dunkeln. Die nächsten Tage bestanden wieder aus Wanderungen durch Höhlen. In einer mussten die Reisenden einen großen See voller riesiger zahnbewehrter Schnabeltiere umgehen, in einer anderen tiefe Felsschluchten überwinden ohne von den bekrallten Händen erwischt zu werden, die daraus nach ihnen griffen. In weiteren Höhlen trafen sie auf über Land kriechende Quallen und kleine stachelige Echsen. In einer Höhle roch es sehr merkwürdig und wimmelte nur so von riesigen Spinnennetzen. Eines versperrte den nächstgelegenen Ausgang. „Dumm!“, meinte Settem, der gegen das Waldspinnenhexensekret offenbar genauso immun war wie der Stollentroll, „Das müssen wir wohl entfernen!“ Lord Nelloz hatte so seine Zweifel ob das funktionieren würde. Diese Netze sahen doch sehr nach denen einer Waldspinnenhexe aus, und die konnte man nur mit einer Menge Wasser entfernen. Soviel Wasser hatten die beiden natürlich nicht dabei. „Das ist ein Problem!“, stimmte Settem den Gedanken des Trolls zu, „Aber keines, das sich nicht lösen ließe!“ „Und wie?“ „Die Spinne hat sich hier selbst eingeschlossen. Aber sie muss trinken. Also muss es hier Wasser geben!“ „Und ich soll es suchen!“ „Ganz genau!“ Notgedrungen machte sich Lord Nelloz auf den Weg. Die Höhle war groß und voll von riesigen Tropfsteinen, zwischen denen sich Netze spannten. Hinter jedem konnte die Spinne lauern. Aber das tat sie nicht. Tatsächlich hing sie gerade an der Decke und befand sich in einem schlafähnlichen Ruhezustand. Als der Stollentroll das bemerkt hatte war er etwas beruhigt. Bald hatte er einen kleinen Teich gefunden, in den Wasser floss, das die Wand hinunter lief. Woher es kam konnte der Troll nicht feststellen. Er wollte gerade zu Settem zurückkehren, damit er seine Schatten das Wasser holen lassen konnte, als ihm etwas auffiel. War das da unter dem Wasserspiegel eine Öffnung? Ohne zu zögern sprang Lord Nelloz ins kühle Nass und sah nach. Ja es war eine Öffnung, die zu einem anderen Teich in der Nachbarhöhle führte. Schnell schwamm er hindurch und tauchte auf. Als er sich umsah, packte etwas sein linkes Bein und zog ihn hinab. Ehe er sich versah war er wieder in der Spinnenhöhle und hing an einem Bein, um das sich der Tentakel eines Schattens schlang. Settem hatte ihm seine Spione nachgeschickt. Offenbar traute er ihm nicht. Verständlich. Während der eine Schatten zu einer Art Sack wurde und sich mit Wasser füllte hielt der andere den Stollentroll weiterhin fest. „Was soll das?“, schrie Lord Nelloz, „Lass mich los!“ Statt zu gehorchen bildete die Kreatur oben eine Öffnung und hielt den Troll darüber. Der hatte verstanden: Settem hatte beschlossen den Rest des Weges allein fortzusetzen. „Verdammt noch mal, lass mich in Ruhe!“, schrie Lord Nelloz so laut er konnte, „Hilfe! Hilfe!“ Und die Hilfe kam. Mit einem gewaltigen Knall landete die Waldspinnenhexe vor den beiden Kontrahenten. Mit einem ihrer langen Beine nagelte sie den Schatten auf dem Boden fest und bespuckte ihn gleich mit einer Ladung Verdauungssaft. Der Tentakel löste sich von Nelloz Bein. Ohne lange darüber nachzudenken sprang der Troll wieder ins Wasser und schwamm durch die schmale Öffnung in Sicherheit. „Bloß weg, ehe der andere Schatten auftaucht!“, sagte er sich und eilte durch die Höhle. Bewohnt war sie offenbar nicht. Und so ging die Reise weiter. Eine Höhle folgte der anderen. Bemerkenswert ist vielleicht die Höhle mit der Pilzwiese, denn dort traf Lord Nelloz auf den riesigen Hirschkäfer, dessentwegen Sartov in die Wüste gekommen war. Er stellte sich als harmloser Pilzfresser heraus. Da er die Höhlen langsam satt hatte (schließlich hatte er seine Heimat nicht verlassen um woanders im Halbdunkel herumzutappen) bevorzugte der Stollentroll nach oben führende Gänge. Bald traf er auf die größte bisherige Höhle. Es war eine gigantische Kaverne voll mit sehen und kleinen Pilzwäldern. Und Vrahoks. Hunderte der gigantischen Meereskreaturen lebten hier. Lord Nelloz bewunderte ihre Gestalt, die besten Eigenschaften verschiedener Meerestiere vereint in einem einzigen titanischen amphibisch lebenden Wesen. Natürlich näherte er sich ihnen nie, sondern ging stets an der Höhlenwand entlang, die genug Felsspalten aufwies um sich vor tastenden Fühlern zu verbergen. Er hatte von Leuten gehört, besser gesagt, die Königin der Kaktusameisen hatte ihm ihr Wissen über Leute übertragen, die der Meinung waren, etwas wie die Vrahoks sollte es längst nicht mehr geben. Schwachsinn. Im Gegenteil, die Vrahoks würden wahrscheinlich zu den wenigen Daseinsformen gehören, die Aussichten hatten, Zamoniens in einer fernen Zukunft bevorstehendes Versinken zu überleben. Sie waren keine übriggebliebenen Relikte der Urzeit. Sie waren die Zukunft. Und zudem der Beweis, dass das Meer nicht allzu weit sein konnte. Einige Felsspalte in der Höhlenwand wirkten ziemlich frisch, wie durch ein erst kürzlich gewesenes Erdbeben entstanden. Einer von ihnen war ziemlich breit und schien in die nächste Höhle zu führen. Lord Nelloz quetschte sich hindurch. Obwohl die leuchtenden Schimmelpilze an den Wänden nur wenig Licht boten, stand für den Stollenbewohner eins sofort fest: Dies war keine natürliche Höhle mehr. Dies war ein trockengelegter unterirdischer Kanal. Eine Kanalisation. 5 Lord Nelloz ging durch den Kanal. Gelegentlich benutzte er eine Leiter nach oben. Schließlich gelangte er in den obersten Kanal, in den Licht durch die vergitterten Öffnungen in der Decke fiel. Ganz offensichtlich war die Kanalisation nicht mehr in Betrieb, denn auch hier oben war alles trocken. Der Troll stieg eine letzte Leiter hinauf, hob das über ihm liegende Gitter aus dem Rahmen und kroch ins Freie. Er befand sich auf einer belebten Straße. Obwohl es von verschiedensten zamonischen Daseinsformen nur so wimmelte achtete niemand auf ihn. Lord Nelloz mischte sich kurzerhand unter die Menge. Den Kanalschacht ließ er offen. Vielleicht fiel ja jemand hinein. Aber das allein hätte Lord Nelloz nun auch nicht gereicht. Er musste noch viel mehr Daseinsformen in noch viel tieferes Unglück stürzen. Wo war er überhaupt? Nun, eigentlich konnte das nur Atlantis sein. Und was konnte man in Atlantis anstellen? Eine ganze Menge. Wenn man das nötige Kleingeld hatte. Und wie bekam man Geld? Nun, da gab es mehrere Möglichkeiten. Und eine davon erschien ihm besonders geeignet. „Sie behaupten also, sie könnten Geld vervielfältigen?“, fragte der T´hut´hu. „So ist es!“, antwortete Lord Nelloz, „Geben sie mir ein paar Goldpyras, dann beweise ich es ihnen!“ Der Stollentroll hatte sich einfach auf den Platz der Verlorenen Seelen gestellt und mit seiner tollen Fähigkeit angegeben. Und schon hatte das erste Opfer angebissen. „Seh´ ich aus, als wäre ich total bescheuert?“, fragte der Gnom, „Sie bekommen einen Kupferpyra und nicht mehr!“ „Tut mir leid, mit Kupfer geht es nicht!“ „Dann eben Gold. Aber sie bekommen nur einen!“ „Na gut, daraus kann ich zwei machen. Aber den zweiten Pyra behalte ich dann!“ „Warum das?“ „Weil es meiner ist. Und wenn ich erst mal einen Pyra habe kann ich mir so viele machen wie ich will!“ „Wenn du das kannst, wieso stehst du dann in Lumpen auf dem Marktplatz und willst deine Wunderkräfte vorführen?“ „Weil ich beraubt wurde und seitdem keine Goldpyras mehr habe, die ich vervielfältigen kann!“ „Na schön!“ Der T´hut´hu gab dem Troll einen Goldpyra. Der schloss die Faust darum. „Und gleich haben wir zwei!“, murmelte er. „Lassen sie den Pyra fallen!“, befahl eine Stimme. Gerne doch, dachte Lord Nelloz. Er hatte ohnehin vorgehabt so zu tun, als würde er das Gold in den Kanalschacht vor ihm fallen zu lassen. Deshalb hatte er sich ja dorthin gestellt. Er öffnete die Hand und ließ etwas hinunterfallen, das klingend gegen einen Gitterstab stieß und dann hinunter in die Tiefen der Kanalisation fiel. Der T´hut´hu wirkte erschrocken, genau wie es geplant war. Dass das Objekt, dass soeben in die Tiefe verschwunden war kein Goldpyra, sondern nur ein glänzender Stein war, brauchte er nicht zu wissen. „Mein Gold!“, rief er, „Er hat mein Gold fallen lassen!“ „Sicher?“, fragte Lord Nelloz, „Ich habe ihr Gold fallen lassen?“ „Ja, natürlich!“ „Gut!“, meinte der Troll und öffnete die andere Hand in der der Goldpyra lag, „Dann ist das hier also meiner!“ Der T´hut´hu dachte kurz nach. „Können sie ihn für mich noch einmal verdoppeln?“, fragte er. „Wenn sie mir noch mal einen Pyra geben, dann habe ich zwei, ab dieser Summe kann ich verdreifachen und ihnen dann ihre zwei zurückgeben!“ „Einverstanden!“, meinte der Gnom und wollte dem Troll gerade einen weiteren Pyra übergeben, als ein Natifftoffe hinzutrat. „Mit dieser Geldvermehrung ist jetzt Schluss!“, befahl er. Zweifellos war er der Besitzer der Stimme, die den Befehl gegeben hatte den Pyra fallen zu lassen. „Sie gefährden auf diese Weise die Stabilität unserer Währung!“, führte der Natifftoffe weiter aus. „So?“, bemerkte der Troll, „Und wer sind sie, dass sie mir so einfach Befehle erteilen können?“ „Ein Inspektor des Währungsamtes!“, erklärte der Gefragte und entrollte seinen Pergamentausweis mit exakt gezeichnetem Gesichtsportrait. Das lief ja noch weit besser als der Troll sich erhofft hatte. Vielleicht würde er auf diese Weise zu noch weit mehr als zwei Goldpyras pro Platz kommen und sich sogar eine Flucht sparen können. „Nun, wenn das so ist sollte ich ihnen vielleicht mein Geheimnis verraten!“, lenkte Lord Nelloz ein. „Welches Geheimnis?“, fragte der Beamte interessiert. „Na, wie ich die Pyras vervielfältige!“ „Das sollte ich in der Tat wissen ja. Gehen wir ins zum Amtssitz, da gibt es keine Mithörer!“ „Tut mir leid, da gehe ich nicht hin!“, widersprach der Stollentroll, „Aber es gibt doch sicher noch mehr einsame Orte, oder?“ „Na gut, wie wäre es mit dem Zentralfriedhof? Da dürfte zur Zeit niemand sein!“ „Damit kann ich leben!“ Der Natifftoffe führte Lord Nelloz also zum Zentralfriedhof. Der Friedhofswärter, ein Yeti, ließ sie sofort durchs Tor, als er den Ausweis des Beamten sah. (Es konnte nämlich nicht einfach jeder auf den Friedhof marschieren, dazu musste man Beamter, zu einer Beerdigung eingeladen, angehöriger eines hier Beigesetzten sein. Weil man sich in letzterem Fall Wochen vorher anmelden musste, lagen auf dem Zentralfriedhof nur wenige Tote, meist Angehörige von Beamten. Die meisten Familien wandten sich lieber an Privatfriedhöfe, die jeder zu jeder Zeit betreten durfte und deren Gräber und Grüfte für eine Pauschale zu mieten waren.) „Hier hört uns garantiert niemand!“, begann der Beamte, „Also, was ist ihr Geheimnis?“ „Es liegt an der Kleidung!“, begann Lord Nelloz, „Sie stammt aus dem Nachlass eines berühmten Alchimisten, Zoltep irgendwie!“ „Zoltep Zaan!“ „Ja, genau!“ „Aber nach seinen Forschungen am Zamomin und am Alkahest hat man ihn gezwungen sich zur Ruhe zu setzen. Zu seinem dritten geplanten Objekt, dem Stein der Weisen ist er nie gekommen!“ „Das ist die offizielle Version. Tatsächlich forschte er in seinem Geheimlabor weiter. Und während er einen Weg suchte unedle Metalle in Gold zu verwandeln entdeckte er eine besondere Faser, die Unmengen von Energie abgibt. Leitet man ausreichend viel davon durch einen Körper, was etwa mit Hilfe von Kleidung in die diese Faser eingearbeitet ist möglich ist, so erhält man exakt die richtige Dosis um alles mögliche in Gold zu verwandeln. Allerdings ist das Gold flüssig, es sei denn man hat ein Muster für die Form, die es annehmen soll!“ „Und woher wissen Sie das?“ „Einer seiner Erben hat sein komplettes Mobiliar verkauft. Ich kam zufällig in den Besitz eines Schrankes und seines Schreibtisches. Ebenfalls rein zufällig entdeckte ich das Geheimfach im Schreibtisch in dem sich Zaans geheimes Tagebuch befand!“ „Zeigen Sie mir das Buch!“ „Das ist leider nicht möglich. Ich erwähnte meinem ‚Kunden’ gegenüber bereits, dass ich beraubt wurde und jetzt ist das Tagebuch wohl in den Händen der Räuber!“ „Dann müssen wir sie finden! Sie dürfen auf keinen Fall die Formel behalten!“ „Es steht keine Formel drin!“ „Nein? Aber wie...“ „Es wurde ein Geheimfach im Schrank erwähnt, in dem ich dieses Kleidungsstück fand!“ „In Ihrer Größe?“ „Natürlich nicht, ich musste es ändern!“ „So, so. Aber so wie es aussah ist der zweite Pyra doch einfach aus dem Nichts erschienen!“ „Das schien nur so. Ich habe mein austretendes Körperfett in Gold verwandelt!“ „Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass Sie Diese Kleidung nicht behalten können, oder?“ „Aber Sie dürfen sie mir auch nicht einfach wegnehmen!“ „Das ist war, ich muss Ihnen dafür eine Entschädigung anbieten. Sagen wir einhundert Goldpyras?“ „200!“ „150!“ „130 und eine komplette neue Garderobe!“ „Einverstanden!“ Die beiden begaben sich in die nächste Twerp-Schneiderei, wo sie für Lord Nelloz diverse Anzüge machen ließen. Anschließend gingen sie zur Bank wo der Troll das Geld bekam. „Wenn ich nun um ihren, ähh, Anzug bitten dürfte?“, fragte der Natifftoffe anschließend. „Moment. Wer sagt mir, dass sie den nicht selbst benutzen?“ „Na hören sie mal, verdächtigen sie mich etwa der Korruption?“ „Man weiß ja nie. Ich mache ihnen einen Vorschlag: Wir gehen jetzt gemeinsam zum nächste öffentlich zugänglichen Feuer und werfen dieses Kleidungsstück hinein!“ „Einverstanden. Es wird bald Abend, die öffentliche Beleuchtung wird jetzt entfacht!“ Tatsächlich bereiteten ein paar Zwerge an jeder Kreuzung Feuerstellen vor und entzündeten kurz darauf Reisig und trockenes Holz darin. Lord Nelloz warf seine alte Kleidung einfach in die Flammen. Den Zwergen schien es egal zu sein, jedenfalls reagierten sie nicht. Der Beamte wartete, bis der „Anzug“ nicht mehr zu erkennen war und verabschiedete sich dann. Auch Lord Nelloz verließ die Stelle, auf der Suche nach einem Schlafplatz. Nach einiger Zeit kam der Troll an eine Herberge, die den interessanten Namen „Zum Eckzahn“ trug. Lord Nelloz klopfte an die Tür. Ein yhollisischer Blutschlürfer öffnete. „Alle Zimmer sind belegt!“, schnauzte er, „Hau´ ab!“ „Wie viel kostet denn ein Zimmer?“, fragte Lord Nelloz. „Das kann dir egal sein, es ist keins mehr frei!“ „Und wie viel würde es kosten?“ „Zwanzig Pyras für die Nacht, ohne Frühstück, und jetzt hau ab!" „Goldene?“ „Nein, silberne natürlich!“ „Ich gebe dir zehn goldene, wenn du noch ein Zimmer für mich auftreiben kannst!“ Der Blutschlürfer schien nachzudenken. „In Ordnung!“, meinte er dann, „Warte kurz!“ Der Bergdämon verschwand im inneren des Gebäudes und kam kurz darauf mit einem betrunkenen Enterbansk zurück, den er unsanft vor die Tür setzte, wo er sofort einschlief. „So, jetzt ist ein Zimmer frei!“ Lord Nelloz gab dem Wirt das versprochene Geld und ließ sich von ihm zu seinem Zimmer führen. Der Raum war schmutzig und stank nach Alkohol und das Bett war unordentlich und kratzig, doch das störte den Troll wenig. Mit dem Gedanken, dass der Enterbansk wohl ziemlich blöd aus der Wäsche gucken würde wenn er aufwachte, schlief er ein. Mitten in der Nacht ertönte ein lautes Gebrüll, dass den Stollentroll aus seinen Träumen riss. „Dies ist eine Razzia!“, ertönte eine laute Stimme, „Bereiten sie sich bitte darauf vor, dass man in ihre Zimmer eindringen wird!“ Schnell hatte sich Lord Nelloz ein festliches Gewand übergeworfen (das einzige seiner Kleidungsstücke, dass sich einfach überwerfen ließ). Bald darauf stürmten die Gargyllen das Zimmer. „Ist ihnen in dieser Herberge etwas seltsames aufgefallen?“, fragte einer von ihnen. „Naja, da war diese abgetrennte Natifftoffenhand, die der Wirt schnell weggeworfen hat als ich kam!“, log der Stollentroll. „Ich habe hier etwas gefunden!“, meinte ein anderer, „In der Tasche hier ist Hexenhutpilztabak!“ „Das ist nicht meine Tasche!“, sagte Lord Nelloz wahrheitsgemäß, „Die lag hier schon als ich kam!“ „Erzählen sie das dem Kommissar!“ Der Kommissar war natürlich ein Greif und somit sehr gut darin, Lügen zu enttarnen. Er würde erkennen, dass Lord Nelloz die Wahrheit sagte was die Tasche anging, aber dass er log, was die Hand betraf. Diesen Plan musste er somit aufgeben. „Wie heißen Sie?“, fragte der Greif. „Lord Nelloz!“ „Welcher Daseinsform gehören Sie an?“ „Stollentroll!“ „Gehört die Tasche mit dem Tabak Ihnen?“ „Nein!“ „Wussten Sie etwas vom Inhalt der Tasche?“ „Nein!“ „Wissen Sie, wem die Tasche gehört?“ „Ich kann mir nur denken, dass sie dem betrunkenen Enterbansk gehört, den der Wirt rausgeworfen hat! „Nost!“, murmelte der Greif, „Sie haben eine abgetrennte Hand erwähnt?“ „Das sollte nur ein Scherz sein!“ „Wie lange sind Sie schon in der Herberge?“ „Seit heute Nacht!“ „Sie können wieder schlafen gehen!“ „Danke!“ Das tat der Troll dann auch. Noch einmal in dieser Nacht wurde er geweckt, diesmal davon, dass jemand die Tür zu seinem Zimmer öffnete. Lord Nelloz öffnete die Augen einen kleinen Spalt weit und stellte fest, dass es der Wirt war, der hier in seine Privatsphäre eindrang. Er beschloss sich zunächst schlafend zu stellen. Der Wirt schlich zum einzigen Stuhl und griff in die Taschen des Gewandes, dass darüber hing. Als er seine Hand gefüllt mit Pyras wieder herauszog, öffnete der Stollentroll die Augen ganz. „Können Sie mir sagen, was Sie hier tun?“, fragte er. Der Blutschlürfer ließ vor Schreck die Pyras fallen. „Ich... äh...“, stammelte er, bis ihm plötzlich bewusst wurde, dass dieser kleine Gnom ihm eigentlich überhaupt nichts entgegenzusetzen hatte. „Ich habe Ihre Miete erhöht und kassiere jetzt!“, sagte er selbstbewusst. „Und warum kassieren sie mitten in der Nacht, während ich schlafe?“, erkündigte sich Lord Nelloz, scheinbar misstrauisch, tatsächlich aber voller Vorfreude. „Nun, weil... Weil ich das so entschieden habe!“ „Ich glaube nicht, dass das legal ist. Ich könnte Sie anzeigen!“ „Tun Sie das doch. Es dauert Jahre bis eine Anzeige zu den zuständigen Greifen gelangt!“ „Nicht in meinem Fall!“ „Wie darf ich das verstehen?“ Der Stollentroll stand auf. „Wissen Sie nicht, wen Sie vor sich haben?“ „Einen kleinen hilflosen Gnom?“ „Einen kleinen hilflosen Gnom mit den Taschen voller Pyras. Gibt ihnen das nicht zu denken?“ „Nein!“ „Gut, andere Frage: Warum glauben Sie taucht hier erst ein reicher Gnom auf, der zehn Goldpyras für eine Übernachtung bezahlt, und kurz darauf gibt es eine Razzia?“ „Öhm...“ „Ich warne Sie, sollten Sie irgendjemandem davon erzählen, dann können Sie sich auf eine längere Wasser-und-unbelegte-Pizza-Diät freuen!“ „Öhm...“ „Und sollte ich bis morgen Mittag nicht an einem Treffpunkt erscheinen, dann wird mein Chef selbstverständlich Nachforschungen anstellen. Und er weiß, dass ich hier bin, wie die Razzia jawohl beweist!“ Langsam wurde der Blutschlürfer nervös. Er verstand noch immer nicht, warum dieser Gnom hier war, doch seine Argumente waren überzeugend, und der Ton indem er sie vortrug war noch überzeugender. „Entschuldigen Sie, äh... ich konnte ja nicht wissen...“ „Und das sollten Sie auch nicht. Und jetzt geben sie mir meine zehn Pyras zurück, ich suche mir eine andere Unterkunft!“ „Jawohl, sofort, ich hole das Geld, bin schon unterwegs!“ Etwas später war Lord Nelloz unterwegs auf den nächtlichen Straßen von Atlantis. Obwohl an vielen Straßenkreuzungen Feuer brannten war es doch streckenweise recht dunkel. Zwar konnte man an den Feuerstellen Fackeln kaufen oder gegen Geld eigene anzünden, aber das hatte ein Stollentroll als Höhlenbewohner natürlich nicht nötig. Und wie der troll feststellte, war er nicht der einzige, der mit der Dunkelheit keine Probleme hatte. Giftige Nachtschattendämonen schlichen durch die Straßen, Eisfratten und Alraunen wurden bei Nacht erst richtig aktiv, Werwölfe heulten, Mänaden und Satyren tanzten durch die Straßen, Leuchtaugenspinnen kletterten an den Häuserwänden entlang, Nachtmahre flatterten umher. Nicht wenige Bürger von Atlantis gingen des Nachts ihrer Arbeit nach, Scherenspüler etwa, die bei ihrer Tätigkeit nicht gern gesehen wurden, oder die Nachtschicht der aus Yetis bestehenden Stadtwache. Auch die Gargyllen waren nachts genauso aktiv wie tagsüber und immer im Einsatz. Und dann gab es natürlich noch jene zwielichtigen Gesellen, die gute Gründe hatten ihr Gewerbe im Schutz der Dunkelheit auszuführen... „Hände hoch und Geld her!“, befahl der Blutschink und richtete seine Armbrust auf den Stollentroll, der ein paar Meter vor ihm stand. „G-g-genau, h-h-her damit!“, fügte ein Schwarzes Heinzelmännchen hinzu. „Seid ihr sicher, dass ihr das wollt?“, fragte Lord Nelloz. „Ja, sind wir!“, meinte der Blutschink, „Und jetzt her mit der Kohle!“ Mit den beiden konnte man offenbar nicht reden. „Also gut!“, gab der Troll nach und warf seine Goldpyras auf den Boden. „U-u-und jetzt m-mach, dass du w-w-wegkommst!“, befahl das Schwarze Heinzelmännchen. Lord Nelloz gehorchte. Er war schließlich nicht blöd. Die restliche Nacht hindurch erkundete der Stollentroll die Stadt. Sie war beeindruckend, wie er zugeben musste, eine Ansammlung der unterschiedlichsten Baustile auf engstem Raum (der zwar eng aber doch recht groß war), den Bedürfnissen der verschiedensten Daseinsformen angepasst. Wesen aus aller Welt hatten sich hier versammelt, wenn nicht gar aus allen Welten, denn einige Gebäude hätten durchaus von Daseinsformen aus einer anderen Dimension oder wenigstens von einem anderen Planeten erbaut worden sein können. Gelegentlich wurden die Straßen von Blauen Blitzen erhellt, über die der Troll allerdings bereits bescheid wusste. Als die Sonne aufging stand Lord Nelloz gerade auf einer Brücke, die über das Bonsaiviertel hinwegführte. Ein Greif segelte über ihn hinweg, offensichtlich auf dem Weg von der Kolonie seiner Familie, irgendwo in der Stadtmitte, zu seinem heutigen Posten oder einem Greifentreffpunkt. Der Stollentroll griff in seine Taschen. Natürlich hatte er den Ganoven nicht alles Geld vor die Füße geworfen, nur soviel, dass es nicht so aussah als habe er noch ein Vermögen in den Taschen. Das war dann leider doch eine beachtliche Menge. Mit dem was noch übrig war, war nicht allzu viel zu machen. Nun, erst mal sollte er etwas essen, beschloss Lord Nelloz, und etwas, das man an jeder Ecke billig bekam war eine Pizza. Auf dem Weg zu einer Hoawief-Pizzeria traf der Stollentroll zwei Leute, denen er lieber nicht begegnen wollte. Leider hatten sie ihn schon gesehen. „Das ist er!“, rief der Wirt. „Stimmt!“, bestätigte der T´hut´hu, das erste Opfer der Geldvermehrer-Masche, „Schnapp ihn dir Ulor!“ Da er lieber nicht herausfinden wollte, wer Ulor war, floh Lord Nelloz in eine enge Gasse. Plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, stand vor ihm ein Wolpertinger. Der Troll sah noch eine Faust auf sein Gesicht zufliegen, dann wurde es dunkel um ihn. „Aufwachen!“, befahl eine Stimme. Lord Nelloz gehorchte völlig unfreiwillig. Das erste was er feststellte war, dass er sich nicht bewegen konnte. Offenbar war er gefesselt. Das zweite war, dass er klatschnass war. Offenbar hatte man vergeblich versucht, ihn mit Wasser zu wecken. Als drittes bemerkte er, dass vor ihm viel Gestalten standen: Der Wirt, der T´hut´hu, der Wolpertinger, der wohl Ulor sein musste, und ein Schwarzer Bergdämon, den er bis dato noch nie gesehen hatte. Bei genauerem Hinsehen merkte der Stollentroll, dass er auf einem Stuhl saß und an die Lehne gefesselt war, und dass der Stuhl in einem recht düsteren Kellerzimmer stand. „Gestern ist einem meiner Leute etwas merkwürdiges passiert!“, begann der Dämon zu erzählen, „Ein komischer grüner Gnom, der behauptet hat, Geld vermehren zu können, hat ihn um einen Goldpyra betrogen. Und heute Nacht kam ein anderer meiner Leute zu mir, um sich über einen komischen grünen Gnom zu erkundigen, der offenbar irgendwie wichtig war, und ihn um ganze zehn Goldpyras geprellt hatte. Er hat mir berichtet, was ihm zugestoßen ist, und ich habe ziemlich schnell erkannt, dass der Gnom ihn hereingelegt hatte. Auch war mir klar, dass das der selbe Gnom gewesen sein muss, der schon meinen anderen angestellten betrogen hatte. Also habe ich die beiden zusammen mit einem Dritten losgeschickt um den Gnom zu finden, und siehe da, sie schleppen dich an. Aber leide hast du nur neun Goldpyras dabei, also zwei zu wenig. Was hast du dazu zu sagen?“ Darüber musste Lord Nelloz erst nachdenken. Leugnen würde wohl wenig nützen, schließlich hatten seine beiden Opfer ihn erkannt. Auch die alte Ausrede mit dem Doppelgänger wäre witzlos, schließlich hatte er, als der Wolpertinger ihn erwischt hatte all die Klamotten dabeigehabt, die der Wirt schon bei ihm gesehen hatte. Und um auf seinen ältesten Trick, den Hochstapler-Auftritt hereinzufallen war der Dämon wahrscheinlich zu klug. Also versuchte es der Troll einfach mal mit der Wahrheit. „Ich wurde ausgeraubt!“, gestand er, „Mein Geld ist fast alles gestohlen!“ „Soso, gestohlen...“, murmelte der Dämon, „Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann, aber genau das ist der eigentliche Grund, warum ich dich habe herbringen lassen. Wer bist du? Und was bist du?“ „Lord Nelloz. Stollentroll!“ „Gut. Mein Name ist Scarek Gorrt. Ich sponsere Lügengladiatoren!“ Das war der Beginn einer Karriere. In Gorrts Auftrag trat der Stollentroll als Lügengladiator im Megather auf – und hatte das Publikum im Nu für sich gewonnen. Mit Leichtigkeit besiegte er den bisherigen Lügenkönig, einen Derwisch namens Selbender Sinngh, mit Geschichten, die im Grund nur auf seiner üblichen Nummer für Verirrte im Stollenlabyrinth basierten. Er nutzte großzügig seine Fähigkeiten sein Gesicht zu verziehen oder die Stimme zu verstellen, und war stets darauf bedacht, jeden im Publikum zu überzeugen. Natürlich gewann Gorrt durch ihn einen Haufen Pyras, denn niemand außer ihm hatte auf einen unbekannten Außenseiter namens Lord Nelloz gesetzt, aber zu sehen bekam der Gladiator davon zunächst einmal nichts. „Es hieß, ich bekäme 5 Prozent!“, erinnerte der Troll den Dämon. „Bekommst du auch!“, meinte Gorrt, Sobald deine Schulden beglichen sind!“ „Und wann wäre das?“ „Mal sehen...“ Lord Nelloz ahnte worauf das hinauslaufen würde. Er würde keinen Pyra zu sehen bekommen, höchstens den Grund eines Kanals, wenn er etwas falsches sagte. Nun, damit konnte er leben, immerhin wohnte er umsonst in einem von Gorrts Häusern und durfte in jedem seiner Restaurants umsonst essen. Aber anstellen konnte er auf die Art nicht besonders viel. Zudem war er überall als Lügenkönig bekannt, niemand würde ihm irgendetwas glauben. Und als ob dass immer noch nicht genug wäre, war er sicher, dass Ulor und ein anderer Wolpertinger in abwechselnd Tag und Nacht beobachteten. Er musste sich etwas einfallen lassen.
Epilog Nun wird man mir sicherlich sagen: „Dieser Lord Nelloz von dem du erzählst war doch durch und durch böse. Er war ein gemeiner Heuchler, ein skrupelloser Verbrecher. Wie kannst du diesen Mann als großen Pionier feiern?“ Und ich antworte: „Ich bin ein Stollentroll.“ Mein Körper ist dehnbar und weich wie Gummi, meine Haut ist bedeckt von Rost, mein Blut geschwärzt von Ruß. Was bin ich? Bin ich ein Teil des Ganzen? Ein Diener des Steins? Nein, der Stein hat keinen Einfluss auf mich. Bin ich ein Fremdkörper, ein Störenfried, der mit dem Ganzen nichts zu tun hat? Nein, ich gehöre hierher. Doch was bin ich, wenn ich kein Einzelteil und auch kein Fremdkörper bin? Ich bin das Ganze, ich bin Moloch. Ich bin Moloch! 1 Wenn sie Bürger von Atlantis sind und ihnen etwas gestohlen wird, dann haben mehrere Optionen. Die erste ist, die Angelegenheit zu vergessen. Das führt selten zu Befriedigung, sondern eher zu Verdruss. Die zweite Möglichkeit ist, Anzeige zu erstatten. Ihre Akte wird dann von mehreren natifftoffischen Beamten bearbeitet, ein paar Jahre im Polizei-Zentralarchiv gelagert und wieder bearbeitet, ehe sie den zuständigen Greifen und Gargyllen ausgehändigt wird. Diese ermitteln dann allerdings recht schnell und erfolgreich und wenn sie Glück haben ist das Verbrechen noch nicht verjährt. Die dritte Möglichkeit ist, sich direkt an einen Greifen zu wenden. Die Greife sind hervorragende Ermittler, ihre Aufmerksamkeit, ihre bestechende Logik und ihre empathischen Fähigkeiten sind in ganz Zamonien höchstens bei den Eydeeten wiederzufinden. Jedoch sind auch die Greifen längst ins Mühlwerk der Bürokratie geraten, außer in akuten Notfällen ziehen sie die von den Natifftoffen ausgehändigten Akten inoffiziellen Hilfegesuchen vor. Die vierte Möglichkeit besteht darin sich an die Stadtwache zu wenden und zu hoffen, dass einer der dortigen Yetis zufällig über die Lösung des Falls stolpert. Sind sie bereit für die Wiederbeschaffung des gestohlenen Objekts variable Summen Geldes zu bezahlen, so eröffnet sich ihnen eine fünfte Möglichkeit: Sie wenden sich an einen Privatermittler. Und von einem solchen will ich hier erzählen: Sein Name war Blek Sarka und er war ein Hoawief. Zu Beginn dieser Geschichte saß er in seinem schäbigen Büro auf mittlerer Höhe eines Schraubenturms, hatte gemütlich die Füße auf den Schreibtisch gelegt und aß das letzte Stück einer kalten Pizza. Manchmal fragte er sich, warum er das tat, warum er nicht einfach alles stehen und liegen ließ und sich zum Beispiel den Gimpeln anschloss. Klienten kamen ja sowieso keine. Warum sollten sie auch zu ihm kommen? Es gab genug andere Detektive in der Stadt, die als vertrauenswürdiger galten. Das Vertrauen der meisten Bürger hatte Sarka im letzten Jahr verloren, als er die Kombination des Hauptsafes der atlantischen Zentralbank „erraten“ hatten. Ein alter Bekannter, der Taschendieb Albert Nost, genannt Nosti, hatte ihn danach gefragt und Sarka hatte zum Spaß irgendeine Zahl gesagt. Nosti, der wohl auch nur zum Spaß gefragt hatte, hatte die Kombination dann einfach mal ausprobiert und siehe da, der Tresor war offen. Aufgrund deutlicher Spuren und dank der Tatsache, dass dieser Bankeinbruch als dringender Notfall galt hatten die Greife Nosti schnell gefasst. Er hatte ihnen gesagt, woher er die Kombination hatte. Natürlich hatten die Greife Sarka geglaubt, dass er die Kombination eigentlich gar nicht kannte, doch da waren sie die einzigen gewesen. Seitdem jedenfalls stand Sarka ohne Klienten da. Auch seine Schulden häuften sich, Miete, Heizungskosten und auch sein Bedarf an Nahrung waren nicht gerade gering. Erst vor kurzem hatte seine Sekretärin gekündigt. Nun, sie war ein Erdhühnchen und hatte mit ihren düsteren Ankündigungen schon vor dem Skandal den einen oder anderen Klienten vertrieben, aber nur sie wusste, nach welchem System die Akten der früheren Fälle sortiert waren, und Blek Sarka konnte sie einfach nicht mehr erreichen. Dabei schuldete er ihr sogar noch Lohn. Plötzlich kam es zu einem überaus erstaunlichen Ereignis: Jemand betrat das Büro. Und es war nicht der ungeduldige Vermieter, es war ein vornehm gekleideter Natifftoffe, der zudem gleich einen angenehm klingenden Beutel auf den Schreibtisch fallen ließ. „Womit kann ich ihnen dienen?“, fragte Sarka während er sich ordentlich hinsetzte. „Sie können einen Gegenstand wiederbeschaffen!“, antwortete der Natifftoffe. „Verstehe. Um was handelt es sich, von wo ist es verschwunden, wurde die Polizei schon informiert, gibt es...“ „Worum genau es sich handelt brauchen sie nicht zu wissen, sie sollten nur wissen, dass er sich in einem schwarzen Metallzylinder mit goldenen Ringen befindet, Höhe ca. 25 Zentimeter, Umfang 20 Zentimeter. Verschwunden ist es aus der Privatsammlung...“ „Moment, Moment!“, unterbrach Sarka, „Woher wissen sie, dass sich der Gegenstand noch in seinem Gefäß befindet?“ „Hätte jemand das Gefäß geöffnet, dann wüsste ich das. Und sollte es noch jemand tun, dann hätte der betreffende Gegenstand keinerlei Wert mehr!“ Sarka hielt es für klug, keine Fragen zu diesem Thema mehr zu stellen. „Verschwunden ist der Gegenstand aus der Privatsammlung meines Auftraggebers, dessen Namen sie ebenso wenig kennen müssen wie meinen. Die Polizei wurde nicht informiert und sollte es auch unter keinen Umständen, da die Angelegenheit geheim bleiben muss. Das war auch der Grund warum wir uns für sie als Ermittler entschieden haben!“ „Wie darf ich das verstehen?“ „Sie haben seit einiger Zeit kein Personal mehr!“ „Ach so. Ich nehme an, ich darf den Tatort nicht untersuchen!“ „Das ist richtig, aber das haben die Leute meines Auftraggebers bereits getan. Hier ist der Bericht!“ Der Natifftoffe legte eine schwarze Mappe auf den Tisch. „Anbei liegt eine Liste der Verdächtigen. Ich muss sie bitten, dieses Dokument sorgfältig unter Verschluss zu halten und nach Abschluss des Falls zu vernichten!“ „Natürlich. Kommen wir zu meiner letzten Frage, wie sieht es mit meinem Honorar aus?“ „Der Vorschuss besteht aus diesem Beutel mit 50 Goldpyras, hinzu kommt die Tatsache, dass all ihre bekannten Schulden von jetzt an beglichen sind. Im Erfolgsfall wird mein Auftraggeber außerdem ihre Miete für 5 Jahre im Voraus bezahlen und ihnen eintausend Goldpyras in bar durch mich übergeben lassen!“ „Wenn das so ist... Ich nehme den Auftrag an!“ „Nichts anderes haben wir von ihnen erwartet. Man sieht sich!“ Der Fremde verließ das Büro. Eine Weile fragte sich Sarka, ob er nicht besser doch die Polizei informieren sollte. Dann verwarf er den Gedanken und begann, die Pyras zu zählen. 2 Anschließend besah er die Liste der Verdächtigen. Außer Scarek Gorrt, einem Schwarzen Bergdämon, der Lügengladiatoren sponserte und angeblich in diverse Verbrechen verwickelt war (die Fälle lagen irgendwo in einem gewissen Archiv) waren ihm alle Namen unbekannt. Als nächstes sah er sich die Liste der am Tatort gefundenen Spuren an. Ein Zwergenhaar, genaueres nicht feststellbar. Na toll. Es gab ja auch nur ein paar hundert Zwergenarten in Atlantis und von jeder nur ein paar Tausend bis Millionen Exemplare. Weiter: Ein Stück rundes Glas, ausgeschnitten mit einem Glasschneidezirkel Größe drei von Blau&vanHecken. Erstaunlich wie gut diese Leute sich damit auskannten. Als nächstes Kreidestaub von feinster midgardischer Felskreide. Und zum Schluss das letzte Indiz: Ein Papierfetzen mit der Aufschrift Hfn. 13, 9um. Nun, das hieß wahrscheinlich Hafen, Mole 13, 9 Uhr morgens. Aber an welchem Tag? Nun, vermutlich behielten die Leute seines Auftraggebers die Mole bereits im Auge, also beschloss Sarka anderweitig zu ermitteln. Zunächst einmal wollte er die Verdächtigen aufsuchen, als erstes Scarek Gorrt. Gorrt wohnte in einem der riesigen Wolkenkratzer in Lisnatat-Zentral, der ihm natürlich selbst gehörte. Den Weg dorthin legte Sarka in wenigen Minuten zurück, und auch hinein kam er ohne Schwierigkeiten. Erst am Empfang wurde es etwas kompliziert. „Wenn sie keinen Termin haben, dann kann ich sie auch nicht reinlassen!“, erklärte der Drak am Empfang. „Aber ich muss Herrn Gorrt dringend sprechen!“, erklärte Sarka, „Wann hätte er denn Zeit?“ „Am Mittwoch hat er keine Termine, aber da nimmt er sich für gewöhnlich frei!“ „Und wo verbringt er seine Freizeit?“ „Also das geht sie nun wirklich überhaupt nichts an!“ „Ich muss ihn aber wirklich sprechen!“ „Das glaube ich ihnen gerne, aber er muss sie nicht sprechen!“ „Würde er lieber mit einem Greifen reden? Ich kann die Polizei jederzeit informieren!“ „Nur zu. Nächstes Jahr sehen wir dann ja, ob es etwas gebracht hat!“ „Nicht unbedingt. Es besteht nämlich akute Fluchtgefahr. Wenn ich mich direkt an einen Greifen wende...“ „Natürlich. Herr Gorrt wird in Kürze die Stadt verlassen und sein Geld, seine Immobilien und seine Angestellten zurücklassen!“ „Na schön. Ich werde trotzdem mit ihm reden, das verspreche ich ihnen!“ „Versuchen sie es doch!“ Wütend verließ Sarka das Gebäude. Er würde Scarek Gorrt noch sprechen, da war er sich sicher. Er musste nur am Mittwoch warten, bis der Dämon das Haus verließ. Aber heute war erst Montag, also wollte er sich erst einmal um die anderen Verdächtigen kümmern. Der nächste auf der Liste war ein gewisser Narek Kadu. Kadu, das wusste Sarka noch von einem früheren Fall, war ein Wort aus der Sprache der midgardischen Kreidezwerge und bedeutete Schnitzer. Das Handwerk der Kreideschnitzer, die kunstvolle Kreideskulpturen herstellten, war in Midgard sehr angesehen und wurde meist von den bereits genannten Kreidezwergen ausgeführt, schon allein weil die mit ihren Wohnhallen in den Kreidefelsen direkt an der Quelle des begehrten Materials saßen. Schnitzer war bei ihnen sogar ein Nachname geworden. Der nächste Verdächtige war also ein Zwerg und gehörte noch dazu einem Volk an, dass in den midgardischen Kreidefelsen lebte. Das passte zu den Spuren am Tatort. Andererseits: Warum sollte ein midgardischer Kreidezwerg hier in Atlantis und ausgerechnet an einem Tatort Kreidestaub aus seiner Heimat hinterlassen? Das sah eher aus wie ein stümperhafter Versuch den Verdacht auf Kadu zu lenken. Aber vielleicht sollte es auch aussehen wie ein stümperhafter Versuch den Verdacht auf Kadu zu lenken, um in Wahrheit von ihm abzulenken. Wie auch immer, Sarka musste ihm wohl einen Besuch abstatten, denn er stand auf der Liste der Verdächtigen. Wie er wohl darauf gekommen war? 3 Narek Kadu wohnte laut der Liste in einem Mietshaus in Tisalant im Keller. Als Sarka dort ankam stellte er überrascht fest, dass die Wohnungstür nicht abgeschlossen war. Nicht weniger überrascht war er über die Einrichtung: Die Wände waren weiß gestrichen, die Möbel alle aus dunkelbraunem und gut lackiertem Holz. An den Wänden hingen Bilder, auf denen hauptsächlich Landschaften zu sehen waren. Das alles wirkte gar nicht wie eine Zwergenwohnung. Ebenfalls überraschte ihn Kadu selbst, der in einem großen Ledersessel saß. Er trug einen weißen Anzug und schwarze Handschuhe. Seine Schuhe waren aus bestem Kanaldrachenleder gefertigt. Das überraschendste an ihm aber war, dass sein Kopf gut zwei Meter von seinem restlichen Körper entfernt lag. „Mach das du rauskommst! Polizei!“, rief plötzlich eine Stimme, die Sarka sehr bekannt vorkam. Er drehte sich um und sah einen schäbig gekleideten Enterbansk in der Tür stehen. „Nosti!“, staunte er, „Schon wieder draußen?“ „Ja, aber jetzt komm, die Gargyllen sind gleich da!“ Sarka folgte Nost nach draußen, wo ihn der Enterbansk schnell hinter eine Mülltonne zerrte, ehe eine Schar von Gargyllen über ein Dach geflattert kam. Kurz darauf landete auch ein Greif vor dem Mietshaus. „Das ist das Haus aus der Nachricht!“, sagte er, „Geht rein und seht nach was los ist!“ Die Gargyllen flatterten durch die offene Tür. Sarka und Nost schlichen sich hinter den Mülltonnen gebückt davon. Bald kamen sie an eine Nebenstraße in die sie verschwinden konnten. „Was machst du hier?“, fragte Sarka seinen Begleiter. „Tja, ich war auch erstaunt, als sie mich freigelassen haben. Vermutlich hat jemand die Bank bestochen oder so, jedenfalls haben die ihre Anklage fallen gelassen!“ „Und wieso weiß ich davon nichts? Als du verhaftet wurdest stand das gleich in allen Zeitungen, kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass jemand den Tresor der atlantischen Zentralbank knackt!“ „Tja, die Presse hat wohl nichts davon mitgekriegt. Wie auch immer, am nächsten Tag tauchte dann so ein vornehm gekleideter Natifftoffe in meiner Bude auf. Dachte schon der hätte sich verlaufen, ich meine was will so einer in der Siedlung unter der Fhakir-Brücke, aber nein, der wollte wirklich zu mir. Tja, der hat mir `nen Haufen Kohle geboten wenn ich ihm so’n komisches Ding hole...“ „Einen schwarzen Metallzylinder mit goldenen Ringen?“ „Ja genau, woher...“ „Erklär’ ich dir später, erzähl weiter!“ „Tja, der hat mir dann noch so `ne Liste gegeben mit Orten wo das sein könnte, da war auch der Greifentreffpunkt in der Straße der Blauen Blitze dabei. Und als ich da war öffnete ein Greif gerade so `nen Brief ohne Absender und las ihn laut den anderen vor. Da wurde eine Adresse erwähnt, ich hab’ auf meiner Liste nachgesehen und festgestellt, he, da muss ich ja auch hin. Tja, da dachte ich, ehe die ihre kleinen Helfer zusammenrufen und hier alles durchwühlen seh’ ich lieber mal nach ob der Zylinder hier is’. Tja und dann bist du da und `n Toter und da dacht’ ich, hau’n wir mal besser ab ehe die Flattermänner da sind, ne?“ „Die Sache wird immer seltsamer. Das der Besitzer des Zylinders außer mir noch jemanden mit der Suche beschäftigt ist ja noch logisch, aber der Brief und der Mord ergeben beide keinen Sinn!“ „Dich hat der auch geschickt?“ „Ja. Er hat mir sogar eine Liste der Verdächtigen gegeben!“ „Lass mal sehen!“ „Geht nicht, ist streng geheim!“ „Ach komm, ich hab’ doch den selben Auftrag!“ „Also gut. Aber nicht hier. Gehen wir in mein Büro!“ 4 „Aber echt, so schlimm sieht’s nichmal bei mir aus!“, meinte Nost und zog sich ein Stück Pizza vom Hosenboden, „Kein Wunder, dass du nie Klienten hast!“ „Tut mir leid, ich hab’ vergessen, dass ich die Pizza da hingelegt hatte. Wenn man gerade einen Beutel mit 50 Pyras bekommen hat, denkt man nicht an kalte Pizza!“, entschuldigte sich Sarka und beschloss, nicht auf die Sache mit den Klienten einzugehen. „Na dann erzähl’ ma!“, sagte der Enterbansk und setzte sich wieder. Sarka erzählte ihm die ganze Geschichte. „Das is’n Ding!“, staunte Nost. „Ja, und das merkwürdigste ist, dass nichts davon einen Sinn ergibt. Kann ich mal deine Liste sehen?“ „Was? Oh, ja, natürlich!“ Nost kramte in einer der vielen Taschen seines Mantels und förderte einen fleckigen und verknickten Zettel zu Tage. „Hier. Aber mach keine Tomatenflecken oder sowas drauf!“ „Keine Sorge!“, beruhigte ihn Sarka und warf einen Blick auf den Zettel, „Aha. Wie ich’s mir dachte: Das Büro von Scarek Gorrt!“ „Hä?“ „Scarek Gorrt steht auf der Liste meiner Verdächtigen. Oder hier, Labyrinthgasse 111, genau die Adresse hab’ ich in meiner Liste auch!“ „Da war ich schon. Nix gefunden!“ „Ich bin sicher wir finden noch mehr Gemeinsamkeiten!“ Und die fanden sie. Außerdem fanden sie noch diverse Ungereimtheiten, ein altes Wurstbrötchen, dass Sarka in einer Schublade liegengelassen hatte, und letztendlich eine Mütze Schlaf am Schreibtisch, denn sie hatten bis tief in die Nacht gearbeitet. Die Erkenntnisse die sie dabei gewonnen hatten waren eher spärlich, zu jedem Verdächtigen auf Sarkas Liste gab es eine Adresse auf Nosts. Außerdem beinhaltete Nosts Liste den schon genannten Greifentreffpunkt und das Magazin des Museums der Unsäglichkeiten. Bei der Untersuchung von Sarkas Akten (die viel Zeit in Anspruch nahm, da diese nach einem auf der Chaostheorie basierenden System sortiert zu sein schienen) und diversen alten Zeitungen (die überhaupt nicht sortiert in einer Ecke des Büros lagen und zwischen denen sich eine Socke fand) kam eine Menge Material über Scarek Gorrt zusammen, aber nur eine kleine Anmerkung über einen der anderen Verdächtigen: die Großfüßige Berte Exana Ksch hatte einmal eine vollkommen unverständliche (und sehr laute) Aussage bezüglich eines Bootsdiebstahls gemacht. 5 Als Blek Sarka am nächsten Morgen erwachte fragte er sich zuerst, warum er mit dem Kopf in einer Akte lag. Dann fragte er sich, warum er einen Zeitungsbogen in der Hand hielt. Als ihm die Antworten auf beide Fragen wieder einfielen, fragte er sich wo Nosti steckte. Auch diese Frage wurde schnell beantwortet, als der genannte mit einer angeschlagenen Kanne in der Hand aus der Küche kam. „Ah, endlich wach!“, meinte er „Tja, ich dachte ich mach schon mal Kaffee, aber ich find’ keinen!“ „Hab’ keinen mehr!“, murmelte Sarka, „Wie spät ist es?“ „Moment!“ Nost holte eine goldene Uhr an einer Kette aus seinem Mantel hervor, die ihm mit Sicherheit nicht gehörte, und klappte sie auf. „Halb neun!“, verkündete er dann. Sarka traf eine Entscheidung. „Komm mit!“, befahl der Hoawief. „Wohin?“, fragte Nost. „Zum Hafen. Mole dreizehn!“ Der Hafen von Atlantis war groß. Er musste groß sein, denn es legten dort viele Schiffe an. Und es mussten dort viele Schiffe anlegen, denn Atlantis benötigte viele Rohstoffe und produzierte viele Handelswaren. Und wie jeder weiß, war der Weg übers Meer der sicherste von Atlantis aus, jedenfalls für große Gruppen mit viel Gepäck. Wie viele Molen es tatsächlich gab wusste kaum jemand, da sie größtenteils nach unterschiedlichen Zählsystemen nummeriert waren, aber man schätzte ihre Zahl allgemein auf ungefähr zweihundert. Mole 13 lag im südlichen Teil, dem Teil, der im Volksmund der Stille Hafen genannt wurde. Er wurde deshalb so genannt, weil hier hauptsächlich nachts Schiffe anlegten und Ladung aufnahmen oder löschten. Meist standen sowohl um den Platz auf dem die Ladung auf das Schiff wartete, bzw. auf den sie vom Schiff aus gebracht wurde, als auch an Deck des Schiffes schweigende aber schwerbewaffnete Wachen. Hin und wieder sollte ein riesiges schwarzes Schiff hier anlegen und den gesamten Stillen Hafen einnehmen. Dann kamen meist mehrere Leute, davon die meisten bewaffnet, zum einzigen Landesteg und einer oder zwei von ihnen, die unbewaffneten, gingen an Bord und kamen nicht zurück. Bald darauf kam dann eine hünenhafte Gestalt an Land und übergab den bewaffneten irgendetwas Kleines, eine Kästchen oder einen Beutel. Es hieß, dieses Schiff sei die Moloch, doch niemand vermochte das eindeutig zu bestätigen oder zu dementieren, denn wenn die Sonne aufging war es jedes mal schon wieder verschwunden. Natürlich schlussfolgerten einige Leute, dass am Stillen Hafen Schmuggel und Sklavenhandel stattfand, doch beweisen konnte man nie etwas, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass die Greife und Gargyllen hier aufgrund einer Formalität keine Wachen aufstellen durften. Sie hatten sich schon oft darüber beschwert, doch die zuständigen Natifftoffen hatten immer nur ihr Bedauern darüber ausgedrückt, dass sie leider überhaupt nichts tun konnten. Als Sarka und Nost Mole dreizehn erreichten war es bereits seit ein paar Stunden hell und Schiffe waren weit und breit keine zu sehen. Tatsächlich war weit und breit überhaupt nichts zu sehen, geschweige denn jemand. Die Mole, der ganze Teil des Hafens, war leer. Der Stille Hafen machte seinem Namen alle Ehre. „Tja, hier is’ nix!“, stellte Nost fest. „Vielleicht sind wir zu spät!“, gab Sarka zu bedenken. Nost sah auf „seiner“ Uhr nach. „Ne, es is’ jetz’ genau 11 Sekunden vor 9!“ „Vielleicht kommt was immer hier sein sollte zu spät. Oder wir haben den falschen Tag erwischt!“ „Kann natürlich sein. Aber sei ehrlich, was haste denn erwartet? Dass der Dieb hier erscheint um seine Beute an `nen einäugigen Yetikapitän zu verscherbeln?“ „Nein, natürlich nicht. Nur einen Hinweis. Ich meine Treffpunkt und Zeit standen auf einem Zettel den er am Tatort verloren hat, also war er schon hier verabredet bevor er wusste, dass er es schaffen würde das Ding zu stehlen!“ „Tja, vielleicht hatta ja auf Auftrag gehandelt und sollte im Erfolgsfall seinen Auftraggeber hier treffen, ne? Und er hatte Erfolg und hat die Beute gestern Morgen schon abgeliefert!“ „Möglich wär’s. Einsam genug ist die Gegend dafür allemal! Ich frage mich nur wo die Leute unseres Auftraggebers sind. Ich meine er wird doch wohl auch jemanden mit der Bewachung der Mole beauftragt haben, oder? Es sei denn natürlich er hätte die Nachricht gar nicht entschlüsselt. Oder ich habe sie falsch entschlüsselt. Hier ist jedenfalls niemand außer uns, hier kann sich jawohl niemand verstecken!“ „Seid euch da mal nicht so sicher!“, sagte eine Stimme hinter den beiden. Sie drehten sich um. Nunmehr vor ihnen stand ein ganz in schwarzer Seide gekleideter Hundling in dessen linker Hand eine kleine, leichte aber gespannte und geladene Armbrust ruhte. „Ich weiß zwar nicht wer ihr seid, aber offenbar wisst ihr etwas über die Sache!“, sagte er mit leicht drohendem Unterton, „Ich würde es also zu schätzen wissen wenn ihr mit mir kämt!“ „Und wenn nicht?“, fragte Sarka. „Dann sehe ich mich gezwungen von der Armbrust hier Gebrauch zu machen!“ „Aber wir sind zu zweit!“, warf Sarka und versuchte seine Angst zu verbergen, „Und du hast nur eine Armbrust. Und die müsstest du zwischendurch spannen und nachladen. Ich meine, wenn du mich erschießt, hat er genug Zeit zu entkommen!“ „Mag sein!“, warf der Hundling ein, „Aber dir würde das nichts mehr nützen, oder? Du wärst dann tot! Und deinen Kumpel würde ich früher oder später auch erwischen!“ „Blek?“, fragte Nost. „Ja?“, fragte Sarka zurück. „Weißt du wer das ist?“ „Nein...“, sagte Sarka im Tonfall eines Mannes der wusste, dass ihm eine unangenehme Überraschung bevorstand. „Das ist Rarek Simokon!“ Kennen sie das wenn jemand gerade gemütlich in einer Bar sitzt und einen Drink nimmt und dann etwas erfährt, was ihn so erschreckt, dass die Flüssigkeit aus seinem Mund über die Theke spritzt? Genau so einen Schreck fuhr nun auch Blek Sarka durch die Glieder. Rarek Simokon. Der meistgesuchte Verbrecher von Atlantis. Der gefürchtetste aller Auftragskiller. Als man sagte, Scarek Gorrt würde verdächtigt einen Konkurrenten umgebracht zu haben, meinte man, er wurde verdächtigt, Rarek Simokon beauftragt zu haben den genannten Konkurrenten umzubringen. Als es hieß, der letzte Bürgermeister von Atlantis wurde mit durchschnittener Kehle in seinem Büro gefunden, bedeutete das, Rarek Simokon hatte dem letzten Bürgermeister in seinem Büro die Kehle durchgeschnitten. Diese Liste ließe sich fortführen. Es war nie schwer gewesen, Rarek Simokon zu überführen, aber erstens war es schlichtweg unmöglich ihn zu fassen und zweitens gab es nie eine Spur die zu seinem Auftraggeber führte (Scarek Gorrt hatte man damals nur verdächtigt, weil er ein verdammt gutes Motiv gehabt hatte). „Stimmt!“, bestätigte der Hundling, „Ich bin Rarek Simokon!“ Er griff mit der rechten Hand in eine Tasche und holte zwei schwarze Tücher hervor, die er Nost zuwarf. „Verbindet euch damit die Augen!“, befahl er. Nost gab Sarka eines der Tücher und band sich das andere um den Kopf, sodass es die Augen völlig verdeckte. Sarka stellte fest, dass er keine Wahl hatte und band sich sein Tuch auf die selbe Weise um. Etwas zischte leise. „Gut!“, meinte Simokon, „Wenn ihr noch etwas sehen könntet wärt ihr jetzt mit Sicherheit zusammengezuckt. Folgt mir!“ Wiederum schien es keine andere Möglichkeit zu geben. Geführt von Simokon wanderten Nost und Sarka durch die Stadt. Die Augenbinden waren so schwarz, dass kein bisschen Licht hindurchdrang und die beiden nie hätten sagen können ob sie sich im Freien oder in einem Gebäude befanden. Sie gingen öfter durch Türen, benutzten Treppen, kletterten Leitern rauf und runter. Einmal fuhren sie sogar mit einem Boot. Aber niemandem schien die seltsame Gruppe aufzufallen, vielleicht weil sie niemand sah, denn Sarka hörte höchstens mal ein gutes Stück entfernt Leute laut reden, lachen oder schreien. Auch hörte er keine Schritte außer Nostis und seinen eigenen. Nicht einmal Simokons, kam es ihm in den Sinn, Er muss seine Füße gepolstert haben. Schließlich befahl ihnen Simokon stehen zu bleiben. „Wir sind da!“, verkündete er, „Setzt euch!“ „Wohin?“, wagte Sarka zu fragen. „Oh, natürlich, einen Moment!“ Sarka spürte einen leichten Stich am linken oberen Unterarm. Dann spürte er erst mal gar nichts mehr. Als er aufwachte stellte Sarka als erstes fest, dass er nicht lag sondern so aufrecht saß, dass seine Grundschullehrerin vermutlich Freudentränen vergossen hätte. Ziemlich schnell registrierte er auch, dass er nur deshalb saß, weil er an etwas, vermutlich einer Stuhllehne, festgeschnürt war. Auf der anderen Seite der Lehne waren seine vier Arme mit einem stabilen Strick an den Handgelenken kunstvoll zusammengebunden. Es dauerte eine Weile bis der Hoawief es wagte, seine Augen zu öffnen. Er sah nichts. „Tut mir leid!“, ertönte die Stimme von Rarek Simokon vor ihm, „Ich hätte ihnen die Augenbinde eigentlich schon abnehmen können!“ Sarka spürte Hände an seinem Hinterkopf, dann konnte er wieder sehen. Er befand sich in einem kleinen runden Zimmer ohne Fenster und mit nur einer Tür. Beleuchtet wurde es von Quallenfackeln und eingerichtet war es mit mehreren Stühlen, einem Tisch, einem Bett, einem Regal in dem jede Menge unterschiedliche Waffen lagen, einer Truhe, einem Kleiderschrank und einem großen Spiegel. Auf dem Tisch standen ein Teller mit ein paar Brotresten und ein Becher aus Metall. Auf einen der Stühle war Nosti gefesselt. Auch dem Enterbansk nahm Simokon nun die Augenbinde ab, worauf dieser langsam die Augen öffnete. „Was war das?“, fragte er. „Was?“, fragte Simokon, „Oh, das Betäubungsmittel. Nun, manchmal kommt es vor, dass ich jemanden ins Jenseits befördern soll, der von mehreren Leibwächtern bewacht wird, und es wäre doch unhöflich auch die umzubringen, nicht wahr? Aus diesem Grund führe ich stets ein Blasrohr mit Betäubungspfeilen mit mir!“ Nost schüttelte seinen Kopf, weil er sich nicht die Augen reiben konnte, und sah sich erstaunt um. „Ja, bestaunt nur meine kleine Sammlung!“, meinte der Auftragskiller, und wies auf das Regal voller Waffen, „Wisst ihr, man verdient eine Menge Geld in meinem Gewerbe und einen diskreten Waffenhändler findet man immer. Manchmal finde ich auch Waffen bei meinen, ähm, sagen wir Opfern, die gut in meine Sammlung passen würden oder mein Auftraggeber gibt mir eine besondere Waffe!“ Der Hundling tänzelte um das Regal herum und holte eine Armbrust hervor. „Diese Armbrust zum Beispiel habe ich bekommen um den König von Titalans zu erschießen. Eine Spezialanfertigung. Die Sehne besteht aus einem neuartigen Material mit besseren Dehnungseigenschaften. Das Ding schießt dreimal so weit wie eine normale Armbrust und dank der Rohrlaufes trotzdem genauso präzise. Und dank des Zielfernrohrs kann man über die weite Entfernung sogar noch gut zielen!“ Er legte die Armbrust zurück und holte etwas hervor das aussah wie eine zu groß geratene Sichel. „Sieht aus wie eine zu groß geratene Sichel, nicht wahr? Aber bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass die Klinge innen und außen eine Schneide aufweist. Zudem ist sie aus Zwergenstahl geschmiedet, leicht und doch stabil. Meine momentane Lieblingswaffe übrigens. Ein Schlag und du hast jemandem den Kopf von den Schultern getrennt!“ Plötzlich fiel Sarka etwas ein. „Du hast Narek Kadu getötet!“, rief er. „Vielleicht!“, sagte Simokon und grinste so, dass es schon fast ein Smirken war. „Aber wo wir schon mal beim Thema sind...“, fuhr er fort, „Was habt ihr eigentlich mit der ganzen Sache zu tun?“ „Wir...“, begann Nost, aber Sarka unterbrach ihn: „Warum sollten wir dir das erzählen?“, fragte er, „Du bringst uns doch sowieso um!“ „Das stimmt. Aber wenn ihr redet, sterbt ihr wahrscheinlich weniger qualvoll. Mir persönlich wäre es lieber ihr würdet reden, denn ich foltere nicht gerne. Das schmerzlose Töten ist eher mein Metier!“ Sarka war sich inzwischen halbwegs sicher, dass Simokon nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. „Also gut!“, meinte Sarka, „Ich erzähle dir alles was ich weiß. Aber erst will ich wissen wie du in diese Geschichte geraten bist!“ „Tut mir leid, aber das werde ich für mich behalten!“ „Dann musst du mich foltern. Und das wolltest du doch nicht, oder? Außerdem: Wem soll ich es schon verraten?“ „Also gut!“ Simokon zog den Stuhl der vor dem Tisch stand heran, setzte sich, und begann zu erzählen: 6 „Wie so oft begann die Sache damit, dass ich einen meiner Toten Briefkästen kontrollierte. Ich vergewisserte mich, dass niemand in der Nähe war, kam aus meinem Versteck hervor und zog einen Umschlag aus dem Kasten. Ich sage Kasten, weil ich keine Lust habe noch einmal Toter Briefkasten zu sagen, es ist nicht wirklich ein Kasten, auf die Idee in einen Kasten zu gucken könnte ja jeder kommen. Sofort zog ich mich mit dem Umschlag an einen stillen Ort zurück und öffnete ihn. Im Inneren fand ich sowohl einen Schlüssel zu einem Schließfach im Megather, in dem mein Honorar liegen sollte, als auch einen Brief mit einem Auftrag. Es ging darum, etwas zu finden, einen kleinen schwarzen Metallzylinder mit goldenen Ringen. Anbei war eine Liste von Orten, wo er sich befinden konnte. Nebenbei stand dort, dass ich den jeweiligen Hausherrn töten soll und dass ich mir mitnehmen darf, was ich will. Außerdem soll ich jeden Morgen von halb neun bis halb zehn hier sein, und nach jemandem Ausschau halten. Sollte ich den Zylinder finden, dann soll ich ihn im Toten Briefkasten deponieren. Ich holte mir zunächst mein Honorar, dann machte ich mich an die Arbeit. Bisher war ich leider recht erfolglos, der Zylinder fand sich nirgends, aber es sind noch zwei Adressen übrig. Außerdem habe ich euch gefunden. Und ich bin sicher, ihr habt mir etwas interessantes zu erzählen!“ „Mag sein!“, gab Sarka zu, „Aber zunächst... woher kennen ihre Auftraggeber ihre Toten Briefkästen?“ „Ich schicke potentiellen Auftraggebern immer Briefe. Natürlich verrate ich jedem nur einen meiner Briefkästen. Jedem einen anderen. Und ich füge hinzu, dass, sollte ein Briefkasten einmal überwacht werden, derjenige, dem ich von ihm erzählt habe, Besuch von mir bekommt!“ „Und... könnte ich die Liste mit den Orten einmal sehen?“ „Warum nicht!“ Simokon griff in eine der unzähligen Innentaschen seines Gewandes und holte einen Zettel hervor. Als er ihn Sarka vors Gesicht hielt, sodass der die Liste lesen konnte, staunte der Hoawief nicht schlecht. Zwar waren die Orte auf dieser Liste alle auch auf der von Nost, doch erstens fehlte hier das Büro von Scarek Gorrt und zweitens waren sowohl die Art des Papiers, als auch die Art der Tinte mit der die Liste geschrieben war und die Handschrift des Schreibers völlig anders. „Was ist?“, fragte Simokon, „Was ist so merkwürdig an der Liste?“ „Sie... kommt mir bekannt vor!“, murmelte Sarka. „So? Nun, ich denke ich werde verstehen was du meinst, wenn ihr mir eure Geschichte erzählt habt!“ Sarka überlegte. Sobald er alles erzählt hatte waren er und Nosti tot. Und wenn Simokon den Natifftoffen kannte, war womöglich auch der in Gefahr. Sie mussten den Auftragsmörder so lange wie möglich beschäftigen. „Tja, wir ha’m auch solche Listen bekommen!“, begann Nosti, „Und als wir so die Orte abgeklappert ha’m, sind wir uns zufällig begegnet!“ Zu kurz, dachte Sarka, Viel zu kurz. „Und was habt ihr am Hafen gemacht?“ „Tja, Blek hat da so’n Zettel gekriegt den der Einbrecher, also der, der den Zylinder gestohlen hat, da verlor’n hat, und da stand was von Mole dreizehn un’ so...“ „Wo gestohlen?“ „Wissen wir nich’“ Rarek Simokon lehnte sich zurück und betrachtete die Decke. Er schien nachzudenken. „Blek wie Sarka?“, fragte er ohne den Blick abzuwenden, „Der Privatdetektiv?“ „Ja!“, gab der Hoawief zu. „Und du bist?“ „Albert Nost!“, antwortete Albert Nost. „Ah. Der Dieb. Ihr beide habt die Zentralbank geknackt, nicht wahr?“ „Nicht mit Absicht!“, versuchte Sarka zu erklären, „Ich hab’ zum spaß irgendeine Zahl genannt und Nosti hat sie einfach mal...“ „Spielt keine Rolle. Mal sehen. Ihr wisst nicht, wo wir hier sind. Ich habe euch weder meinen Toten Briefkasten noch den Namen meines Auftraggebers verraten. Und aufhalten könnt ihr mich ohnehin nicht, schon gar nicht weil ihr nicht wisst, welche zwei Adressen ich noch nicht abgeklappert habe!“ Sarka war verblüfft. Wenn es eine Rolle spielte, wie viel er wusste, dann konnte das nur eins bedeuten. „Du willst uns freilassen?“, fragte Nost. „Eventuell. Auf jeden Fall möchte ich erst einmal eins wissen: Wie habt ihr eure Aufträge bekommen?“ Jetzt wurde es kritisch. War das ein Trick? Wenn nicht, dann konnte Sarka sein Leben retten, indem er seinen Klienten in Gefahr brachte. Konnte er das tun? Bevor er sich zu einer Entscheidung durchgerungen hatte nahm Nosti ihm diese ab. „Wir bekamen Besuch von einem vornehm gekleideten Natifftoffen!“, verriet der Enterbansk. „Wie sah er aus?“ „Wie Natifftoffen eben aussehen. Trug `nen Anzug. Für mich seh’n die alle gleich aus.“ „Sarka?“ „Mehr kann ich auch nicht sagen!“ „Also gut. Dann muss das eben reichen!“ 7 „Nehmt die Augenbinden ab!“, befahl Simokon.
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